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Sailing South

Jeden Tag eine andere Insel

Nachdem Stéphane, trotz eines Bandscheibenvorfalls, erfolgreich unsere Installationen beendet hatte, verließen wir Donnerstag letzter Woche endlich die Marina Bas-du-Fort. Wenn wir klagten, dass wir nun wirklich zu viel Zeit in Guadeloupe verbracht hätten, schauten uns die Locals verwirrt an und fragten, warum wir denn unbedingt wegwollten. Sie lieben ihr Land und es ist natürlich auch eine super Insel. Aber nicht die Einzige in der Karibik. Und ganz ehrlich, langsam wollen wir wieder Englisch sprechen.

Funktionstest

Um sicher zu sein, dass unsere neue Strom Installationen funktionieren, wollten wir noch ein paar Tage in der Nähe vor Anker bleiben. Wir segelten also mal wieder die 22 nm zu den Inseln von Les Saintes. Quasi sowas wie unserem Zuhause in den French West Indies. Good news: alles funktioniert prächtig. Und seit Guadeloupe können wir auch mit Butan Gas kochen und wir haben zusätzlich eine Induktionsplatte zum elektrischen Kochen installiert. Wir verhungern nicht, würden aber so gerne mal wieder ein Restaurant besuchen.

In Les Saintes wollten wir auch Freunde verabschieden, die zur Hurricane Season auf die ABC Inseln segeln. Bei Seglern sieht eine Verabredung so aus: „irgendwann Ende der Woche im Ankerfeld von Bourg“, +- 1-2 Tage.

In Guadeloupe war bis zu unserer Abreise immer noch Lockdown befohlen. Der Präfekt von Guadeloupe, Philippe Gustin, ist ein weißer Verwaltungsbürokrat aus dem Mutterland oder Metropole, wie das hier heißt. Er setzte seine motivationskillende Salamitaktik zur C19 Erleichterung in Guadeloupe fort und verschob die Eröffnung von Bars und Restos und die Ausgangssperre mal wieder extrem kurzfristig um eine Woche. Kein Wunder, dass die Guadeloupesen frustriert sind, weil sie sich auf nichts verlassen können.

Es ist mittlerweile ein bisschen spät geworden in der Saison, denn am 1. Juni begann die offizielle Hurricane Season. Man spürt das an den leeren Ankerplätzen und Marinas und der sich ausbreitenden Grabesruhe. Während in Europa im Juni das Leben normalerweise aufblüht, kommt hier alles zur Ruhe. Allerdings ist der Unterschied zu den letzten Monaten mit Lockdown auch nur an der Anzahl der Schiffe zu erkennen. Keine einfache Zeit für die Menschen hier, die gleich nach dem Lockdown in die Off-Season gleiten.

Adieu Guadeloupe, stop over Dominica

Am 1.6. checkten wir dann nach langen Monaten in Les Saintes aus Guadeloupe aus. Unser Plan: ohne Nachtfahrten und nur mit Tagestrips nach St. Vincent and the Grenadines (SVG) zu segeln. Eine Strecke von 180 nm. Erste Strecke: Les Saintes – Dominica, 25 nm. Was zum Warmwerden, denn die einzig erlaubte Ankerbucht Dominicas, die Prince Rupert Bay (superschön) liegt im Norden der Insel. In Sichtweite von Les Saintes.

Bei 6-7 Bft, mit einem Reff in Groß und Genua kofferten wir mit 8 kn im Schnitt in nur drei Stunden zum Ziel. Die Coast Guard erlaubte uns eine Nacht mit gelber Flagge zu ankern. Gleich neben einem Sea Shepard Schiff. Ohne einzuklarieren, aber auch ohne das Schiff zu verlassen.

Martinique calling

Gleich zum Sonnenaufgang um 5.30 h zogen wir die Segel hoch. Nächste Insel Martinique, St. Pierre, im Norden der Insel, 56 nm entfernt. Was für ein Ritt. Vor allem die Passage hatte es in sich.

Passage schnell erklärt: zwischen den Inseln pressen sich aus Osten vom offenen Atlantik kommend, Wind und Wellen durch die meist bergigen Inseln. Diese acceleration zone oder Düse, beschleunigt die Windgeschwindigkeit i. d. R. zum 10 kn. Dazu kommt noch die Strömung, die nach der Atlantischen Weite durch ein Nadelöhr von 20-25 nm gepresst wird. Rock`n Roll – unter normalen Bedingungen.

Bei shit Wetter ist es sehr unlustig. Unser Tag war sehr unlustig und wesentlich windiger als vorhergesagt. Es stürmte, wellte und regnete, bis wir alle Segel im zweiten Reff hatten. Himmel und Meer waren bleigrau und gruselig anzusehen. Trotz der Reffs liefen wir immer noch bis 9 kn Speed, bei Winden von 7-8 Bft. So viele Segelmanöver hatten wir noch nie an einem Tag. Ziemlich geschafft ankerten wir die Nacht in St. Pierre ohne weiteren Stress. Leider kann man nach einem solchen Tag nicht mal ´ne Flasche Wein kippen, denn es geht ja weiter am nächsten Tag. So macht Segeln keinen Spaß.

Am nächsten Morgen, wieder um 5.30 h, in der Hoffnung auf besseres Wetter, setzen wir das Großsegel. Gleich gerefft. Angesagt waren max. 25 kn Wind. In der Bucht von Fort-de-France kofferte es schon heftiger und als wir zum südlichen Ende Guadeloupe`s kamen, änderten wir den Plan. Statt in die Passage nach St. Lucia zu segeln, drehten wir nach St. Anne, dem beliebtesten Ankerplatz in Martinique ab und verschoben die Passage auf den nächsten Tag. Ein overnight Stopp unter gelber Flagge.

Nach 30 nm warfen wir den Anker und fingen uns gleich eine rumschwimmende Leine in die Schraube und der Steuerbordmotor viel aus. Unser Anker war auf und wir trieben langsam auf ein anderes Schiff zu. Wie eine Erscheinung tauchten zwei Dinghis auf, um uns zu helfen. Mike und Fred schnitten die verirrten Leinen aus dem Propeller und alles ging gut.

Ein Loblied auf die Kameradschaft und Hilfsbereitschaft der Segler. Wir revanchierten uns bei allen mit einem Gläschen. Was für ein unnötiger Stress. St. Anne in Martinique ist sowas wie ein schwimmendes Dorf. Einige Segler liegen bereits die ganze Saison dort. Es gibt sogar eine morgendliche Funkrunde, mit den Nachrichten des Tages.

In Martinique ging alles mit dem Lockdown wesentlich entspannter zu. Seit Wochen ist die Ausgangssperre auf erträgliche 23.00 h gesetzt, Bars und Restos waren offen. Als Dank war die Zahl der geldausgebenden Segler um ein Vielfaches höher als in Guadeloupe.

Zen in St. Lucia

Freitag stand dann die nächste Passage nach St. Lucia an, in die Marigot Bay. 30 nm, davon 22 in der offenen Passage. Vorhersage: max 25 kn Wind. Fast genau, mit 27 kn waren wir happy. Um 6.00 h hissten wir die Segel zur ersten Überfahrt mit dem fast vorhergesagten Wetter. Bis zu 9 kn Speed schoben uns schnell „rüber“. Und da sind wir nun. Die Wettervorhersagen verkünden für die nächsten Tage 8 Bft und sehr viel Regen und viele Squalls für die nächste Passage nach St. Vincent. Dazu haben wir keine Lust.

Leider müssen wir aber nun nochmals ein komplettes C19 Protokoll durchlaufen, mit PCR Test – dem xten. Den brauchen wir für St. Vincent, weil sich unsere Ankunft verzögert. Und ein PCR Test in St. Lucia braucht 3 Tage und 220 USD für zwei. Kann aber in Marigot Bay gemacht werden. Also können wir erst am Donnerstag weiter, bis alles verwaltet ist. Aber dann soll das Wetter auch wieder besser werden.

Bis dahin liegen wir in der superschönen, waldigen Bucht von Marigot Bay. Ach was superschön, es ist spektakulär. Wir liegen gleich bei einem traumhaften 5 Sterne Hotel und können alle Einrichtungen von Pool bis Spa mitbenutzen.

Und gestern Abend, konnten zum ersten Mal seit drei Monaten wieder den Luxus eines Restaurants und eines köstlichen Mahls genießen. Die nächsten Tage werden eher Zen als stressig. / Holger Binz

2 Kommentare zu „Sailing South“

  1. Nach Wind, Wellen, Regen und Test´s ist es mehr als verdient Euch jetzt im 5 Sterne Bunker verwöhnen zu lassen. Ich bin auch immer wieder begeistert, wenn ihr auch mal über das Segeln (so macht segeln keinen spass) “schimpft”. Das ist ehrlich und bringt mir eure Erlebnisse noch näher. Dann guten Appetit und immer einen negativen Test.
    liebe Grüße
    Jürgen und Angelika

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