Was den Besuch an Bord noch schöner macht
Mein alter Freund Don, ein Basketball Coach, der schon überall auf der Welt Teams trainiert hat, ist ein weiser Mensch. Er sagte mir mal: „Holger, it`s nice to own a Yacht. But it’ s even better to have friends with Yachts”.
Als Schiffseigner kenne ich auch die doppelte Freude, wenn sich Besuch an Bord ankündigt. Die Freude beim Ankommen, aber in seltenen Fällen auch Freude bei der Abreise. Da ich selbst in der letzten Zeit häufiger zu Gast auf den Schiffen von Freunden war, hatte ich Gelegenheit, Bordbesuch aus beiden Perspektiven zu reflektieren.
Gemeinsam segeln ist ein Beziehungsbeschleuniger und offenbart schnell die wesentlichen Charaktereigenschaften des Anderen. In 7 gemeinsamen Tagen auf See lernst du manchmal jemanden besser kennen, als in 7 Jahren an Land. Auch wenn du glaubst einen Menschen gut zu kennen, ein Törn kann ein Lackmus Test sein und in einem Beziehungskrepierer oder in enger Freundschaft enden. Es ist mir ein paar Mal passiert, das ein Törn auch der letzte Kontakt zu einem Mitsegler war, ebenso wie das Gegenteil. Ich bin immer wieder fasziniert, wie in stressigen Situationen die Alltagsfassade an Bord bröckeln kann und man schnell „des Pudels Kern“ des oder der werten Mitsegler/in entdeckt.
Ist auch keine schlechte Idee für alle, die sich „ewig binden“ wollen, vor dem Antrag einen etwas herausfordernden Segeltrip ins Auge fassen um den oder die Zukünftige richtig kennen zu lernen.
Aber man muss ja nicht gleich heiraten. Nach meiner Erfahrung sind unterschiedliche Erwartungen, unklare Voraussetzungen und generell mangelhafte Kommunikation die häufigsten Laune Verderber. Gemeinsam nette Tage an Bord zu haben ist einfacher, wenn man ein paar Dinge berücksichtigt.
Das gilt für Beide
Beide Seiten investieren etwas sehr Wertvolles: ein paar Lebenstage. Es macht viel mehr Spaß, wenn beide wissen wie der Plan aussieht und wenn die Erwartungen abgestimmt sind. Die Dauer des Trips, die Ziele, die Art des Segelns und Details zum Bordleben. Wenn einer Barhopping erwartet, der andere Meilentörns, dann wird einer enttäuscht. Gibt es Hafentage in Marinas oder wird in Buchten geankert. Segelt man offensiv auch in schwerem Wetter oder bevorzugt die Crew schönwettersegeln. Manche Orte eigenen sich für ausgedehnte Landbesuche während andere vielleicht nur was für einen Strandtag sind. Egal was man tut, es hilft allen sich vorher dazu abzustimmen und die Wünsche offen auszutauschen. Oft ist es viel leichter als man denkt, Wünsche zu berücksichtigen, dazu muss man sie aber kennen.
Klarheit bei den Kosten ist auch bestens geeignet, Konflikte zu vermeiden. Wenn Skipper und Gäste das nicht vorher klären, kann das unerfreuliche Überraschungen oder einen faden Beigeschmack bringen. Als Gast frage ich immer den Skipper vorher, welchen Beitrag ich zur Bordkasse beitragen darf, denn der Kühlschrank ist für alle da. Essen gehen oder selbst kochen, Immigration Gebühren, Marinakosten – da kann was zusammen kommen. Wenn das geteilt wird, hilft es allen vorher darüber zu sprechen. Extrem stimmungstötend finde ich es, wenn man nach einem köstlichen Abendessen z. B. im sensationellen Bloody Mary`s in Bora Bora sitzt und einer von sechs bei der Rechnung der Meinung ist, er/sie hätte doch kein Dessert gehabt.
Miteinander reden und Überraschungen vermeiden ist für beide Seiten der Schlüssel für eine wunderbare gemeinsame Zeit an Bord.
Aus der Gast Perspektive
Wer segelnde Freunde an Bord besucht sollte sich bewusst sein, dass dies keine All-Inklusive Kreuzfahrt ist und der/die Eigner kein Servicepersonal. Der/die Skipper/in muss ein Schiff führen und organisieren. Das sind viele Aufgaben und Verantwortung, die der Gast nicht sieht oder bemerkt. Dabei haben die Owner natürlich nicht zwangsläufig Bock, auch noch zusätzlich den Kellner, den Kabinenservice oder den Entertainer zu geben. Man sollte nicht vergessen, dass ein Skipper 24 h am Tag Skipper ist. D. h. auch nachts vor Anker, ist man immer alert und hat ein Ohr offen, während die Gäste hoffentlich sorgenfrei und entspannt schlafen.
Eine wichtige Sache, die ein Gast immer berücksichtigen sollte, ist die immense Rolle der Natur, die den geplanten Törn beeinflussen kann. Es ist durchaus möglich, das die Wetterbedingungen die erträumte Insel unerreichbar machen. Dann gibt’s halt eine andere und ein guter Gast sieht das locker.
Für langfristige Planungen empfehlen erfahrene Skipper, nie einen Ort UND einen Termin für ein Treffen fix zu machen. Klingt wirr. Aber das Wetter kann dafür sorgen, dass man auch mal etwas später als geplant an einem Ort ankommt. Coole Besucher bleiben dann gut gelaunt und genießen ein, zwei Tage im Hotel, falls sich das Schiff verspätet oder nehmen den Inselhopper und kommen zu einer anderen Insel. Eine halbe Flugstunde sind meist Tage mit einem Segelschiff.
Easy going funktioniert am besten, wenn jeder an Bord aktiv etwas zum Bordalltag beisteuert, je nach Fähigkeiten. Besonders rücksichtsvoll ist es in jedem Fall, wenn man den Eignern zusätzliche oder unnötige Arbeit vermeidet.
Ein Gast sammelt Beliebtheitspunkte, wenn er anbietet bestimmte Aufgaben zu übernehmen, dass macht auch mehr Spaß und man wird Teil der Crew. Wer seglerisch unterfahren ist, kann auch mal kochen oder Frühstück machen und sich bei der täglichen Arbeit mit einbringen. Auch auf einem Schiff spült sich nichts von alleine.
Ich bin immer froh, wenn meine Gäste ihr Zeug wegräumen, ohne das ich daran erinnern muss. Ein Schiff ist kein Apartment, die Funktionalität und Sicherheit an Bord muss immer sicher gestellt sein. Wenn Bücher oder Klamotten auf den Schoten oder Winschen liegen, die Abläufe behindern oder zu Flugobjekten werden können, wird das Segeln behindert und gefährlicher. Der Gast bekommt das oft gar nicht mit, aber den Skipper kann das stressen.
Zum Ende der Reise ist es respektvoll die benutzte Kabine und das benutzte Bad ordentlich zu reinigen und sauber zu hinterlassen. Übrigens egal was für die Bordkasse vereinbart wird, etwas zum Welcome haben wir immer dabei, meist ein paar Flaschen für gemeinsame warme Abende. Bevorzugt Getränke, die die Eigner vor Ort schwer bekommen können. Richtig klasse ist es für Eigner auf langer Fahrt, wenn die anreisende Gäste anbieten etwas mitzubringen, was den Eignern hilft, z. B. die Post, Ersatzteile oder die Lieblingsmarmelade.
Aus der Eigner Perspektive
Der Gast an Bord, investiert üblicherweise wertvolle Urlaubstage und das fällt mit einer Katze im Sack schwerer. Deshalb ist es hilfreich, wenn der Gast vorher mit einigen Infos gebrieft wird, denn nicht immer sind sie erfahrene Segler.
Ein weiser Skipper achtet darauf, das der angedachte Trip zum Gast passt. Einen Anfänger würde ich nie zu einer lange Passage einladen.
Wir sprechen gerne vor dem Besuch mit unseren Freunden, denn das Segelgebiet gibt den Rahmen für die gemeinsame Zeit. Die Art des Segelns und was Revier anbietet. Vielleicht passt eine Insel früher oder später besser zu den Wünschen. Meist beginnt und endet der Trip an einem Ort mit Flughafen, der nicht identisch sein muss. Es hilft ungemein, wenn der Skipper weiß wann und wo der Gast wieder abreisen will.
Unseren Besuchern beschreiben wir vorher wie der Törn verlaufen könnte. Wie die Unterbringung aussieht – dass man beispielsweise eine Doppelkabine mit eigenem Bad hat. Natürlich auch, ob die Gäste VISA brauchen oder evtl. Impfungen. Ist nicht wirklich witzig, wenn man die US Virgin Islands anläuft und die Gäste keine VISA haben.
Dass man Schuhe mit hellen Sohlen mitbringt, leicht verstaubare Koffer und die richtigen Klamotten für den geplanten Törn. Soll man einen Schlafsack oder Handtücher mitbringen? Das macht schon einen halben Koffer. Nicht nötig, wenn alles an Bord vorhanden ist und weniger Aufwand für den Gast – kleiner Einsatz, große Wirkung. Klare Ansagen machen das Leben für den Gast schöner.
Manche Eigner sind so sehr Segler, dass sie sich gar nicht mehr in Nichtsegler hinein versetzen und vieles voraussetzen, dass einfach nicht da ist. Für uns als Segler sind es häufig die banalen Dinge die nerven, meist durch Unkenntnis des Gastes – wie schwarze Sohlen, die an Deck Streifen ziehen. Oder wie um Himmels willen soll ein Nichtsegler einen Palsteg knoten oder das Schiff richtig festmachen? Der komplett und unbefestigt an Land geworfene Festmacher ist der Klassiker.
Während des Trips haben wir uns angewöhnt morgens beim Frühstück mit den Gästen über den Tag zu sprechen, über die Wünsche und Möglichkeiten. Wenn wir dann lossegeln, weiß jeder zumindest grob, was der Tag bringen wird.
Und wenn man dann am Ende eines erfüllten Tages auf dem Wasser oder an Land mit einem Glas zum Sonnenuntergangs anstößt, dann wissen alle, dass es kaum etwas Schöneres gibt, als gemeinsam durch die Welt zu segeln. / Holger Binz
Top geschrieben….. auch nachvollziehbar für Laien
Ganz lieber Gruss an euch
Jerry