Ägypten

Offseason: Ägypten

Dies ist unsere vorletzte Nicht-Segelreise, bevor wir wieder zur Rivercafe zurückkehren und die neue Saison beginnt. Dieser Trip brachte uns nach Ägypten, an das Rote Meer, 100 nm gegenüber von Saudi-Arabien. Unser erster Besuch Ägyptens und wir suchten etwas Wärme. Wir erblicken endlich mal wieder blauen Himmel und ein seltsam leuchtend wärmendes Ding am Himmel. Ich komme gleich auf den Namen. Offseason: Ägypten

Wir machen eine Pause von unseren reichlichen und produktiven Aktivitäten unserer Offseason. Also tatsächlich mal Urlaub, aber natürlich haben wir auch hier unsere Rechner und ein paar Aufgaben dabei. Offseason: Ägypten

Das Rote Meer

Auch wenn sie so heißt, ist die Wasserstraße, die Afrika und Asien trennt, kein richtiges Meer. 1.300 nm lang (2.400 km) und bis zu 200 nm breit ist ordentlich Fläche und dazu noch eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt mit dem Suez Kanal zum Mittelmeer. Nach ein paar Tagen hier verstehen wir auch, warum die Strecke durch das rote Meer bei Seglern so einen schlechten Ruf hat.

Unsere norwegischen Freunde Nina und Eirik berichteten uns, dass die unangenehmste Strecke ihrer Weltumsegelung die 1.300 nm vom Golf von Aden bis zum Mittelmeer waren. Während unseres Besuchs gab`s ständig starke Winde um die 30 kn aus nördlichen Richtungen und reichlich whitecaps auf dem Meer. Alles auf die Nase, wenn man ins Mittelmeer will. Nachts wird’s etwas flauer. Offseason: Ägypten

Blick ins Rote Meer

Die Strecke geht üblicherweise nonstop, denn das Festmachen oder Ankern in den 7 direkten Anrainerländern ist schwierig oder meist nicht erlaubt. Das macht es zu einem anstrengenden Trip. Früher haben die Piraten am Horn von Afrika den Weg durch das Rote Meer erschwert. Heute sind es die Huthis im Jemen, die das neue Hobby entdeckt haben, Schiffe zu beschießen. Dass sie dabei auch noch das Meer mit Öl verpesten, passt ganz gut in die Gegenwart, in der Krieg und Höhlenmenscheln wichtiger ist als Vernunft und der dringender benötigte Umweltschutz. Wäre es nicht wirklich ein Triumph, wenn die Hamas Leute die kalte Fusion entwickeln, statt Menschen abzuschlachten? Oder die Huthis was zur Co2 Bindung erfinden würden, statt ihre Leute im Jemen hungern zu lassen. Es gibt noch viele weitere Ideen für andere Despoten. Hirn statt Haubitze.

Karges Ägypten

Was treibt Besucher in ein Land, das zu 95 % aus Wüsten besteht? Wenn man nicht auf trostlose Kargheit steht, natürlich die Geschichte und das Rote Meer. Amerikanische Freunde waren schon beeindruckt, wenn ich berichtete in einer 2.000 Jahren alten Stadt geboren zu sein. Offseason: Ägypten

Im Niltal wurde schon 5.400 v.Chr. Ackerbau betrieben. Ein Blick auf Google Earth zeigt, dass nur in Nil Nähe Leben erblüht. 2.650 v. Chr. bauten die Jungs schon Pyramiden und bis heute ist nicht klar, wie sie diese tonnenschweren Quader errichten konnten. Aber ähnlich wie in meiner Geburtsstadt, ging es in der Neuzeit auch in Ägypten mächtig bergab. Offseason: Ägypten

Blick ins Nildelta bei Luxor, Tal der Könige

Die 120 Mio. Ägypter vermehren sich weiter, sind aber überwiegend arm und die Armut wächst. Und dass, obwohl Ägypten nach Südafrika das Land Afrikas mit der höchsten Industrialisierungsquote ist. Das Einkommen liegt bei ca. 200 € pro Monat. Der Tourismus ist überlebenswichtig und jedes Trinkgeld eines Besuchers ist bei 34 % Inflationsrate vor allem in Devisen sehr geschätzt. Offseason: Ägypten

Karnak und Tal der Könige

In meinem Geschichtskurs in der Schule durfte ich mal ein Referat über das Tal der Könige verfassen. Der vermutlich berühmtesten Grabstätte der Welt. So nah wie hier, war ich noch nie dran. Also machten wir uns auf den 300 km langen Weg vom Roten Meer in die 1.5 Mio. Stadt Luxor, der ehemaligen Hauptstadt der Pharaonen. Es wurden sieben monotone Stunden Fahrt durch trostlose, überwiegend sandige und vermüllte Landschaft. Offseason: Ägypten

Wir gaben uns das volle Touristen Programm: Karnak Tempel, das Tal der Könige, Hatshepsut Temple und noch einige weitere lohnende Ziele. Am spektakulären Karnak Tempel wurde über 2.000 Jahre gebaut, ab 2.055 v. Chr. Vermutlich die längste Bauzeit einer Filmkulisse für einen James Bond: 1978 „Der Spion, der mich liebte“. Ein Meisterwerk ist dieser Ort und ein Symbol für Unglaubliches, was Menschen leisten können. (Hirn statt Haubitze). Damals technisch und spirituell, heute kommerziell. Ein Bild für den Wandel der Zeit.

 

Tempel von Karnak

Das Tal der Könige ist gigantisch. Hätte ich das doch nur vor meinem Referat gesehen. Sehr beeindruckend, dass nach über 3.000 Jahren die Farben in den Gräbern immer noch leuchtender sind, als bei manchem Neubau nach 10 Jahren. Wenn die Jungs damals ihre unglaublichen Talente in was anderes als Herrscher/innengräber investiert hätten, wäre Ägypten vermutlich heute noch eine Weltmacht.

Aus den Gräbern, kein Photoshop, Originalfarben nach 3.000 Jahren

Hatshepsut Tempel, eine weiblich Pharaonin

Luxor Tempel

Stehrümchen

Luxor und der Nil

Eine Fahrt durch Luxor zeigte uns eine typische Stadt des Südens, in der jeder versucht über die Runden zu kommen, mit Kleinhandel und sonstigen Geschäften. Der Müll ist allgegenwärtig und die Luft zum Schneiden. Wir hatten angenehme 28 Grad, aber im Sommer bei 40 Grad plus, ist es sicher noch etwas anstrengender.

Luxor liegt am Nil. Der mit 6.600 km längste Fluss der Welt, (Streitfall mit dem Amazonas) fließt durch 12 Staaten ins Mittelmeer. Das ist dann wohl auch ein Grund für die Wasserqualität im Mittelmeer. Diese Lebensader Ägyptens ist saudreckig. Das hält 300 Kreuzfahrtschiffe nicht davon ab, Ihre Gäste im Agatha Christie Stil über den Nil von Assuan im Süden bis nach Kairo und zurück zu schippern. Ganz sicher kein Badeurlaub.

Segler, Touristenbötchen und Kreuzfahrschiffe

Wasserwelt im Roten Meer

Da ist mir doch ein eleganter Übergang zurück zum roten Meer gelungen. Dort ist tauchen, schnorcheln und baden tatsächlich eine große Freude. In dieser Zeit – Winter/Frühling – nur für die ganz Harten, denn das Wasser ist „character building“, unter 20 Grad. Wir konnten nur mit geliehenem Neopren eine knappe Stunde im erfrischenden Nass aushalten. Die Vielfalt der Fische ist beeindruckend und es gibt sogar noch gesunde, farbige Korallen. Ein toller Spot für alles unter Wasser.

Tourismus in Ägypten ist überwiegend organisiert. Individuelles Reisen ist kompliziert und offenbar nicht gerne gesehen. Als Tourist kann man nicht spontan alleine losfahren. Man muss bei der Polizei die Fahrt vorher anmelden und das ist sprachlich kompliziert. Es gibt viele Checkpoints und reichlich bewaffnete Soldaten, die bevorzugt nur arabisch sprechen. Deshalb gibt es Touristenorte, die der kargen Landschaft abgerungen wurden. An diesen Spots gibt es dann reichlich Hotels, für jeden Geldbeutel. You get what you pay for. Offseason: Ägypten

Wir werden Ägypten nun wieder lassen. In dem guten Wissen, dass es noch gesunde Unterwasserlandschaften gibt. Wir haben nun noch ein paar Tage bei Frankfurt und Berlin vor uns, bis wir uns wieder auf den Weg nach Montenegro machen. Für eine neue Segelsaison. / Holger Binz

1 Kommentar zu „Ägypten“

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