The Georgetown Community
Habe ich im letzten Artikel tatsächlich geschrieben, dass in den Bahamas weniger Wind weht als in der Ostkaribik? Welch ein Unsinn. Wir hatten wohl das Lockangebot, in unseren ersten zwei Wochen. Seit dem zweiten Tag in den Exumas, schwankt der Wind zwischen kräftig und Sturm und vieles hat sich geändert.
Aber erst mal zur Vorgeschichte. Ein unangenehmer Seegang vertrieb uns aus der glasklaren Calabash Bay und von Long Island. Ein letzter Tag ohne Wind, aber mit viel Welle. Nach 25 nm schauten wir kurz in die Bucht von Moriah Cay um festzustellen, dass die einrollenden Wellenberge unseren geplanten Stopp sehr ungemütlich machen würden. Bahamas Exumas
Wir legten noch 5 nm drauf und ankerten am Sand Dollar Beach von Stocking Island. Für das klare türkise Wasser, den weißen Strand und den mannshohen Bewuchs der flachen Insel, bekommt der Küstendesigner die volle Punktzahl. Ein herrlicher Ort und kein Wunder, dass dies ein beliebter Ankerplatz ist. Elisabeth- und Stocking Island liegen ca. 2 nm nord-östlich von Georgetown und schützen das ganze Gebiet vor dem Seegang, der meist aus Nord-Ost kommt – leider nicht immer.
Was sind die Exumas?
Die Exumas sind eine Ansammlung von sehr vielen Inseln, 365 um genau zu sein und damit fast die Hälfte der Inseln der Bahamas. Von den insgesamt 350.000 Bahamesen sind 7.000 Exumianer – um das Wort Exumierte zu vermeiden – und davon leben 2.500 in der „Hauptstadt“ Georgetown. Das Wort „Town“, sollte man nicht allzu wörtlich nehmen. Aber immerhin gibt es zwei Supermärkte und wir konnten endlich wieder Eier kaufen.
Bahamas Exuma
Stockton Island, Exumas
Ankunft in den Exumas
Mit unserer Ankunft in den Exumas wurde alles anders. Wir betraten eine andere Segelwelt, eine Segel Community, wie in einer amerikanischen Kleinstadt. Vor Georgetown liegen normalerweise in der Hauptsaison 250 Schiffe. Jetzt sind es 350. Post-Covid und dem angesagten schlechten Wetter geschuldet. Das klingt so gruselig wie ein überfülltes Freibad, nach Saint Anne in Martinique oder nach den Balearen im Sommer. So ist es aber nicht, jeder hat und lässt viel Platz, auch für die garantierten 360 Grad Wind- und Schiffsdrehungen. Bahamas Exumas
Die Georgetown Segel Community besteht gefühlt aus 90 % Amerikanern, 8 % Kanadiern und 2 % aus dem Rest der Welt. Viele Schiffe kommen schon im November aus den USA und bleiben bis April/Mai, um dann im nächsten Jahr wieder zu kommen. Morgens um 8.00 h gibt’s auf VHF Channel 72 ein Sailorsnet, mit Informationen und Austausch. Wenn jemand einen Schäkel sucht, ein Taxi zum Flughafen teilen will oder ein Segel nähen muss, hier ist der Platz. Tagsüber gibt’s Get Together für Yoga, Musik oder Beachvolleyball. Die Infos aus dem Dorf, sorry aus Georgetown, gibt’s obendrauf. Bahamas Exumas
Beachlife der Segler Community
Das es in Georgetown Proviant gibt, ist auch eine erfreuliche Ausnahme für die Bahamas und trägt zur Attraktivität bei. Auch wenn ein Glas Nutella 16 USD kostet.
Berge von Conch Muscheln, ein Bahamas Spezialität. Normales Unterwasserbild, Rochen direkt am Strand
Bei einem so großen Ankerfeld bleibt es nicht aus, dass man alte Bekannte wieder trifft. Und mit den kontaktfreudigen Amerikanern, schließt man viele neue Bekanntschaften. Nach ein paar Tagen hatten wir uns an dieses andere Seglerleben gewöhnt.
Transport in den Exumas, Dinghi oder 5 Leute am Helicopter
Stürme in den Bahamas
So schön die vielen Inseln der Bahamas sind, sie sind Pizzateig flach. Und damit gibt es so gut wie keinen Windschutz für Schiffe. In der fünften Nacht wurden wir um 2.00 h morgens von einem heftigen Sturm aus Süd geweckt, der peitschendem Regen quer über unser Deck schoss. Kein Wetterdienst hatte das vorausgehen. Wir düsten eilig übers Deck, nass in Sekunden, um Polster und Stand-up Boards vor dem Abflug zu sichern. Bei 35 kn Wind (ca. 70 km/h) hielt unser Anker in 3 m Tiefe und mit 30 m Kette. Es wurde später von 47 kn Wind berichtet. Gegen 6.00 h war der Spuk vorbei und wir waren todmüde.
Auf dem Sailorsnet hörten wir morgens, dass zwei Schiffs vom Sturm auf Grund getrieben wurden. Mit Hilfe anderer Segler konnten die beiden mit der Flut mittags wieder freikommen. Gerade rechtzeitig, um sich für den nunmehr angesagten Sturm der nächsten Nacht vorzubereiten. Bahamas Exumas
Diesmal zog der Sturm aus Nord auf und sollte den Abend und die ganze Nacht dauern. Am Nachmittag vor dem Sturm mussten wir neu ankern, denn ein nach Süden verlegter Delta Anker hält keinem Sturm aus Nord stand. Wir legten den Anker Richtung Nord, dem erwarteten Sturm entgegen, und gaben 40 m Kette bei 3 m Tiefe.
Windansage für Nacht 2, rot=nicht gut
Es wurde eine weitere unlustige und schlaflose Nacht. 35 Kn+ Wind (es wurde von 50 kn berichtet) zerren nicht nur an allem, sondern sie sind auch laut. Immer wieder sahen wir Schiffe umankern und es bedurfte wenig Fantasie sich vorzustellen, wie stressig es auf vielen Booten zuging. Es gibt kaum etwas Übleres, als nachts im Sturm um zu ankern. Wir hofften, dass unser Anker der Wucht des Windes widerstand.
Nun, er hielt. Am nächsten Morgen und Tag blieben uns noch 25 kn Wind, um uns an die wilde Nacht zu erinnern. Nach zwei Nächten in Folge ohne sinnvollen Schlaf, waren wir im Eimer. Leider blieb der Wind dann konstant zu hoch und ständig drehend. Während ich das schreibe, hopsen wir vor Anker einen Meter auf und ab, weil die Strömung beschlossen hat, aus Südost zu kommen und dafür gibt es wenig Schutz. Es tröstet uns der Blick zum türkisen Strand, aber nett ist das hier gerade wirklich nicht.
Welcher Anker?
Nach einem Sturm poppt immer wieder das Thema „Anker“ auf. Ein rutschender Anker verdirbt einem wahrlich den Tag und schlimmer noch die Nacht. Wir haben einen Delta Anker und sind damit ganz zufrieden. Rocna ist ein Segler Liebling, Mantus hat auch seine Fans, aber beide haben mich nie begeistert. Aber jetzt habe mich in einen „Ultra“ verliebt. Das Teil schenkt seinen Eignern Ruhe und Gelassenheit. In der Sturmnacht war auf Schiffen mit Ultra Ankern, kein Licht zu sehen. Sie Crews vertrauten auf guten Halt und lagen im Bett. Wenn der Ultra Anker erst im Wasser liegt, ist die absurd teure Investition wohl auch vergessen. Das Teil kostet ca. 3 mal so viel, wie übliche Anker. Aber seit den Exumas, steht er auf meiner Wunschliste.
Wir hoffen nun darauf, dass endlich wieder gutes Bahamas Wetter ankommt. In ein paar Tagen machen wir uns auf den kurzen Weg zum Treffpunkt mit Freunden, die bald zu Besuch kommen. Ich hörte es soll eine gute Idee sein, dem grauen Europa für ein paar Tage Bahamas zu entkommen. / Holger Binz
Oh ja will auch entkommen 🙂 Wir freuen uns sehr aufs wiedersehgenln
Stürmische Zeiten – nicht nur in Schweizer Bankenwelt (UBS übernimmt notgedrungen die CS). Und bei Euch droht von El Nino Ungemach.
Ruhe bewahren.
Ganz liebe Grüsse
J&U
Hallo Ihr zwei, das habt ihr aber mal wieder sehr spannend verfasst! Vielen DANK + beste Grüße, Peter