Der Weg nach Norden

Nafplio oder Nauplion

36 Grad und 22 Minuten war unsere südlichste Position und Wendepunkt in dieser Saison. Jetzt sind wir wieder auf dem Weg nach Norden. Wie versprochen brachte George in Monemvasia abends unsere Reling zurück und installierte eine ausgezeichnete Arbeit. Erfreut machten wir uns am nächsten Morgen früh los und segelten in den Sonnenaufgang. Backbords lag die Festungsstadt von Monemvasia noch im Tiefschlaf und die ersten Fischer kreuzten unseren Weg. Egal wo wir auf der Welt segeln, diese frühe Morgenstunde finde ich überall magisch. Nafplio oder Nauplion

Auf unserer Menueliste stand die dritte Bucht des Peloponnes, der Golf von Argolis. Nach 30 nm liefen wir auf der Westseite in die Bucht von Poulithra ein. Leonidi liegt in der Nähe, allerdings etwas in den Bergen und außerhalb unserer Reichweite. Poulithra ist eine sehr grüne und sehr wenig bewohnte Bucht. Überraschend auch ohne Festungen. Ein paar Häuser liegen in den Bergen und am Steinstrand stehen ein paar Schuppen, deren Funktion uns verborgen blieb. Sonst gibt es viel nichts.

Navily schwächelt Nafplio oder Nauplion

Wenn wir einen Ankerplatz auswählen, orientieren wir uns meist an „Navily“, einer Community based App. Auf einer Karte findet man Ankerplätze mit Beschreibung des Ankergrunds und Infos zur Umgebung. Üblicherweise ist dies eine sehr hilfreiche Anwendung. Wenn man an einer Stelle ankert, die nicht noch markiert ist, kann man sie eintragen. Vor allem auf den Bahamas haben wir ein paar neue Ankerplätze hinzugefügt und nach bestem Wissen beschrieben.

Ein Navily Anker Chart mit Score

Es gibt auch einen „Score“, der anzeigt, wie potentiell angenehm der Ankerplatz ist. Wind- und Wellenrichtung ergeben einen Wert, der zu erwarten lässt, ob es einen erholsamen Schlaf geben wird. Leider ist dieser Wert in Griechenland noch unzuverlässiger als die Wettervorhersage. Nafplio oder Nauplion

Poulithra

Poulithra sah nicht nur landschaftlich schön aus, sondern auf der Karte auch gut geschützt vor Seegang. Der Navily Score lag bei 80 von 100 Punkten. Also sicheres und ruhiges Ankern voraus. Wir ankerten als einziges Schiff und Ka stieg ins kalte Wasser, um den Anker zu checken. Zitternd vor Kälte überraschte sie ein kleiner Seehund, der sich noch mehr erschrak und die Flucht ergriff. Nafplio oder Nauplion

Wir genossen den Nachmittag in Stille und Einsamkeit dieser grünen Bucht. Die Berge des Peloponnes haben – so schön sie auch sind – häufig die ungastliche Eigenschaft, Fallwinde in die Buchten abzuwerfen. So auch in Poulithra, als wir plötzlich für 2-3 Stunden in so kräftigen Winden lagen, das wir unsere Flagge bergen mussten. Zum Sonnenuntergang wurde es ruhiger. Aber dafür rollte dann nachdrücklicher Schwell in die Bucht, der uns den Schlaf raubte. Sehr früh am Morgen hatten wir die Nasen voll und verkürzten unseren Besuch mit einer abrupten Abfahrt. Der 80er Navily Score lag realistisch bei eher bei 20.

Einsame Bucht von Poulithra – morgens wieder glatte See

Dieser Ort wird uns dennoch in Erinnerung bleiben, denn wir haben beim Auslaufen den ersten Fisch gefangen, seit wir in Griechenland sind!!! Und das mit einem ollen, gerupften Köder aus der Karibik. Vielleicht stehen die Mittelmeerfische eher auf exotische Beute. Ein köstlicher Tuna landete auf unserem Grill.

Unser nächstes Ziel war die kleine Stadt Nafplio (Nauplion), weitere 30 nm am nördlichen Ende der Bucht. Von sehr kleinen und besonders exklusiven Kreuzfahrtschiffen wird dieses Ziel ab und zu angesteuert. Und jetzt wissen wir auch warum. Wir wollten vor der Stadt bei angesagt guten Bedingungen ankern. Statt netter 14 kn zerrten die doppelte Windstärke an unserem Anker und die Gischt machte es unmöglich, per Dinghi trocken in die Stadt zu fahren. In einer kurzen Windpause hoben wir den Anker, um am öffentlichen Dock des Städtchens fest zu machen.

Seltsam oder kriminell?

In Nafplio ist der Hafen ein Community Dock, nur ein Hafenbecken aus Beton. Wenn man dort mit dem Anker aus rückwärts an den Dock steuert, tauchen Männer in gelben Westen auf. Die nehmen dann freundlich die Leinen an und helfen beim Festmachen. Liegt das Schiff fest, kommt der Obermuck mit professionellem Badge und Klemmbrett und kassiert 50 €, nur für die Docking Hilfe. Im Austausch einer griechischen (unlesbaren) Quittung. Kein schlechter Lohn für 5 Minuten Aufwand, den üblicherweise alle Segler untereinander gratis als Hilfe leisten. Liegegebühren oder sonstige Leistungen kassiert später die Port Authority.

Was die Skipper verärgert, ist der Umstand, dass man keine Wahl hat, dass die Berechtigung unklar ist, dass der Preis völlig überteuert ist und das es am Community Dock völlig unüblich ist. Skipper mit Ortskenntnissen tricksen die Gelbjacken aus, indem sie morgens um 7.00 h einlaufen, da ist noch niemand da. Unsere Segelkumpel Dan und John machten genau das und legten ohne Hilfe an. Die gelben Jungs tauchten dennoch um 9.00 h auf, um zu kassieren ohne Gegenleistung. Das spricht eher für kriminell. Manche weigern sich zu zahlen und dann eskaliert die Sache mit Polizeidrohung und großem Programm. Es gibt sehr unterschiedliche Aussagen dazu, ob das rechtmäßig oder illegale Abzocke ist. Die Dame, die im Hafen die Liegegebühren kassiert meinte auf meine Frage, dass sie nichts dagegen tun können. Die Port Authority meinte hingegen, das dies völlig ok sei.

Die berechtigte Sorge ist, dass sich das weiter verbreitet und Griechenland zu einem Segler Abzocker Land wird wie Kroatien, dass sehr viele Segler mittlerweile meiden.

Die alte Hauptstadt

Aber zu Erfreulicherem und dem eigentlichen Grund unseres Besuchs: Nafplio. Dieses feine Städtchen findet man nicht unter den Must-See von Griechenland, aber es ist definitiv ein solches. 1828 war Nafplio für 6 Jahre die erste Hauptstadt des modernen Griechenlands, bis Otto von Wittelsbach, König von Griechenland, 1834 Athen erwählte und der Titel Hauptstadt futsch war.

Heute leben 15.000 Einwohner in der Stadt am nördlichen Ende der dritten Peloponnes Bucht, des Argolis Golfs. Die Lage ist günstig, denn es sind nur 126 km bis Athen oder 44 km bis zum Kanal von Korinth. Für uns werden es bis Korinth über das Meer 85 nm oder 160 km, ohne Umwege.

Nafplio ist eine unglaublich charmante Stadt. Für eine Städtchen dieser Größe, gibt es überraschend viele Fußgängerstraßen mit liebevollen Geschäften und Tavernen, Plätzen und Orten zum Verweilen. Es gibt auch viel Kurioses und Unterwartetes, wie das „beste Italienische Eis in Griechenland“ – ich bin kein Experte, aber es war unglaublich lecker und stilecht.

Original italienische Eisbude, Familien prominieren abends in Nauplion

Kaum eine Straße ist nicht mit prachtvoll bunten Bougainvillea überwachsen. Der Besuch der Altstadt ist einfach nur schön. Über der Stadt thront mal wieder eine Festung und diesmal eine besonders prächtige. Es wird berichtet, dass man sie über eine Treppe mit 999 Stufen erklimmen kann. Wir hatten zu viele Festungen und reichlich Aussicht in der letzten Zeit und verzichteten. Eine ist keine und so gibt es drei weitere Festungen. Eine davon auf einer Insel in der Einfahrt zum Hafen gelegen. Natürlich werden alle alten Bauwerke nachts prächtig angestrahlt. Einfach nur schön, dieses Nafplio.

Die Stadt der Bougainvillea 

Ka hatte Zeit für Malerei

Große Festung, Festungsinsel

Und nicht zu unterschlagen, ist der wunderbare Fußweg, über die Klippen am Meer entlang, herum um die Stadt. Er endet an einer Strandbar, die genau so auch in der Karibik sein könnte, nur ist hier ein Steinstrand.

Weg entlang der Küste um die Stadt mit Strandbar

Erneut brechen wir im frühen Morgen auf, hinaus aus dem Argolis Golf. Wir genießen die schönste Begleitung, die Segler haben können: Delfine. Davon mehr beim nächsten Mal. / Holger Binz

1 Kommentar zu „Der Weg nach Norden“

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