Pflichtstop in St. Martin
Manche Inseln auf unserem Weg besuchen wir zu unserer Freude, andere weil es nötig ist. Nevis zählt zu ersten, Sint Maarten/St. Martin (SXM) zu zweiten Art. Nach nur fünf Tagen in Nevis – viel zu wenig – trieb uns ein günstiges Wetterfenster weiter. Die 65 nm nach St. Martin segelten wir diesmal mit einem Buddy-Boat, mit neuen amerikanischen Segelfreunden Leigh Ann und Troy, die wir in Nevis kennen lernten. Pflichtstop in St. Martin
Gleich zum Sonnenaufgang setzten wir Segel und ein halber Wind trieb uns eilig durch die flache Passage zwischen St. Kitts und Nevis. Östlich der Inseln legten wir einen nördlichen Kurs und hatten den Wind für die gesamte Strecke im Rücken. Wir hatten erstaunlich moderate Winde. 12-15 kn Wind, mehr war an dem Tag nicht und es war eine gemächliche Fahrt. Allerdings versüßt durch den Besuch einer Delfin Familie, die ausgelassen mit der Rivercafe spielten. Delfine in Handweite zu erleben, ist immer wieder bewegend.
Delphine spielen mit der Rivercafe
Nach deren Abflug warfen wir nochmals die Köder aus und fingen einen Horse-Eye-Jack, eine Stachelmakrele mit köstlichem rotem Fleisch.
Horse Eye Jack
Nach 8 Stunden segeln hatten wir die Nase voll und beschlossen in der niederländischen Seite in der Simson Bay mit gelber Flagge, ohne Clearance zu übernachten. Die Simson Bay auf der niederländischen Inselseite bietet Ankergrund vom Feinsten und wäre eigentlich eine schöne Bucht. Wenn sie nicht direkt an der Startbahn des Flughafens liegen würde. SXM ist der berühmte Flughafen, an dessen Zaun sich begrenzt intelligente Mitmenschen hängen, wenn die Flugzeuge starten. In Simson Bay ist es superlaut, wenn die Flieger über dem Mast beschleunigen. Eigentlich liegt die gesamte niederländische Seite der Insel in der Nähe der Startbahn. Startet mal kein Flieger, dann koffern hirnlose Touris auf Jetskis rücksichtslos an den ankernden Schiffen vorbei. Und wenn am Flughafen und bei den Jetski Primaten die Nachtruhe einkehrt, dann wummern die Clubs monotone Musik in die Bucht. Schade um die Bucht – ich kenne keinen lauteren und nervigeren Ankerplatz als Simson Bay in Sint Maarten. Pflichtstop in St. Martin
Die Mär vom günstigen Yachtzubehör in Sint Maarten
Unter Yachties schwelt die Meinung, dass alles an Yachtzubehör in Sint Maarten günstiger ist. Und es wird mit Steuerfreiheit begründet. Das ist Unsinn. Steuerfrei kann man auf fast allen Inseln einkaufen, wenn man eine Clearance vorlegt. Die niederländischen Händler schlagen wohl erst mal 200 % auf, um dann die Steuer nicht zu berechnen. Wir brauchten mal ein neues Beiboot und es standen reichlich bei den Händlern in den Auslagen. Letztlich kauften wir es in Bremen (D), ließen es in die US Virgins schicken und bezahlten mit Transport die Hälfte des SXM Preises. Man sollte wirklich keine Einkäufe für SXM aufheben. Nebenbei sind die Sätze für Arbeitsstunden die Höchsten und ich kenne reichlich Berichte von Seglern über Abzock-Tricks der Contractor. Und letztlich – damit beende ich mein Sint Maarten bashing, berechnen die Niederländer irrwitzige Wechselkurse, denn auf dieser Seite der Insel wird in US Dollar bezahlt. Aktueller Wechselkurs USD/Euro: 1:1. Nun liebe Segler, in St. Martin seid ihr vor allem Beute. Pflichtstop in St. Martin
Die französische Seite
Gleich am Morgen zogen wir den Anker auf uns machten uns auf den Weg um die Insel, zur französischen Seite, in die Marigot Bay. Auch das ist ein ausgezeichneter Ankerplatz und seit neuestem gibt es auch Mooringbälle. Die dürfen nach einer Havarie aber nicht genutzt werden. Ein Schiff riss sich los und trieb auf Land. Pflichtstop in St. Martin
Diese Bucht ist leise, das Wasser ist klar und niemand nervt – auch wenn locker Hundert Schiffe hier liegen. Keine Jet Skis, keine nervigen Clubs. Wir buchten uns zwei Tage in der Fort Louis Marina ein, um unsere Einkäufe zu erledigen. Dafür ist St. Martin – französische Seite – perfekt. Es gibt alles, was es in Frankreich auch gibt, plus Karibik. Auch wenn wir keine Fleischfreaks sind, hier ist unser Lieblingsmetzger der Karibik, mit Waren wie in Frankreich. Gezahlt wird in Euro. Wir deckten uns mit allem ein, was wir in den Turks & Caicos und Bahamas nicht bekommen werden – also quasi mit allem. Wir genossen zwei Tage lang fantastisches Brot und französischen Käse. Die letzte Nacht legten wir uns noch vor Anker und verabschiedeten uns von unseren österreichischen Segelfreunden Iris und Volker, die noch nicht segelklar waren.
Letztes Essen in SXM, Impressionen von der französischen Seite
Segeln in der Nacht
Am nächsten Nachmittag um 16.00 h setzten wir Segel um morgens bei Sonnenaufgang in den British Virgin Islands (BVI) anzukommen. Um 18.30 h war es dunkel und von da an segelten wir 12 Stunden der 90 nm bei völliger Schwärze. Der Wind lag zwischen 10 und 20 kn und blies aus 120-180 Grad in die Segel. Ohne Spinnaker und Code D, die wir nachts nie segeln. Dieser Windwinkel erfordert Konzentration oder den Autopiloten auf Windwinkel. Pflichtstop in St. Martin
Einer von uns ist immer auf Wache am Steuerstand. Nachts wechseln wir uns alle 3 Stunden ab, die/der andere kann dann versuchen zu schlafen. Es ist ein bizarres Gefühl blind ins Dunkle zu segeln, nur mit AIS, Plotter und Radar elektronisch orientiert. Ich brauche immer ein bisschen Zeit, um mich daran zu gewöhnen. Ab und zu ist Zeit für einen Blick in den fantastischen Sternenhimmel und irgendwann ging auch der Halbmond auf und brachte etwas kaltes Silberlicht.
Uns überholten Frachter und zwei Kreuzfahrtschiffe auf dem Weg nach Florida. Wenn der Kurs eng wurde, tauschten wir uns über Funk aus. Da wir unter Segel waren und wenig Ausweichmöglichkeiten hatten, änderte die „Wind Surf“ – ein uns entgegenkommendes, segelndes Kreuzfahrtschiff – netter Weise den Kurs. Die Dunkelheit macht die Orientierung schwer. Vor allem, was Entfernungen betrifft. Auf dem AIS kann man Entfernungen, Speed und Kurs sehen, aber es gibt leider immer noch Schiffe ohne. Ein solches nervte mich stundenlang, mal auf Parallelkurs, mal mit Kurs auf uns. Pflichtstop in St. Martin
Gegen 5.30 h, immer noch bei völliger Dunkelheit, lagen die Lichter von Virgin Gorda voraus. Wir segelten noch eine Halse um westlicher entlang der Insel zu laufen, denn unser Windwinkel hatte uns an der Insel vorbeigeführt. Pünktlich zum Sonnenaufgang um 6.30 h lag die Einfahrt bei Virgin Gorda vor uns. Wir ließen den Steinhaufen „Fallen Jerusalem“ an Backbord und die Unterwasserfelsen von Virgin Gorda Steuerbord liegen. Kurz nach 7.00 h lagen wir fest an einem der schönsten Orte der Karibik: The Baths. Und wir hatten einen wunderbaren Tag erwischt, denn hier kann es sehr wellig und unangenehm werden. Clearance erledigten wir in Spanish Town für 75 USD und knapp unter 2 Stunden – ein guter Wert in den BVI. Seit diesem Jahr dürfen Schiffe aus den US Virgins in die BVI und das bringt viel Traffic bei der Clearance. Pflichtstop in St. Martin
Es ist leicht zu verstehen, dass die BVI ein unglaublich beliebtes Segelrevier für Charterer sind. Richtige Segler brauchen Geduld oder meiden das Revier. 55 Euro für einen reservierten Mooringball geht schon Richtung Wegelagerei. Wir verbrachten unsere kurze BVI Woche im North Sound und in Norman Island, entgegen der Zuglinien der Chartersegler. Wir hatten wenig Zeit für die BVI eingeplant, denn in den US Virgins lag schon ein Technologiesprung für uns bereit: unsere Star Link Anlage. Ab dem nächsten Bericht von den USVI werden wir dann hoffentlich immer und schnell online sein können. /Holger Binz
Ist richtig spannend, Dein Reisebericht, Holger. In absoluter Dunkelheit zu segeln, stelle ich mir besonders abenteuerlich vor.
Schlaft nur dabei nicht ein!
Alles Liebe
Jürgen
Hallo ihr beiden Lieben!
Ich habe heute intensiv an euch gedacht und freue mich über den ausführlichen Bericht und das schöne Bild von euch. Habt weiterhin eine schöne Zeit!
Rike
Hallo Ihr beiden … DANKE mal wieder für den kurzweiligen Bericht … Im letzten Absatz sprecht ihr über die Mooring-Abzockerei … Wäre es möglich eine Bucht weiter kostenfrei vor zu Anker liegen?
Bin neugierig … BG Peter aus HH
Hallo Peter, schicke Dir eine Mail.
Beste Grüße
h.