Segel um Korfu
Als ich heute morgen aufstand und fröstelte, beschloss ich über das Ende des Sommers und den anbrechenden Herbst zu schreiben. Erst gegen Nachmittag hatte ich Zeit in die Tasten zu hauen – da hatte es allerdings wieder sommerliche 31 Grad. Ich schreib´s dennoch.
Bereits seit ein paar Wochen spüren wir das nahende Ende des Sommers. Nachts brauchen wir Decken und die Rivercafe ist morgens pitschnass vom Nachttau. Die Tage werden täglich 3-4 Minuten kürzer und wenn wir abends nach einem Landbesuch mit dem Dinghi zurück auf die Rivercafe fahren, ist es dunkel und wir knattern durch schwarzes Wasser mit Lampen Richtung Schiff. Vor allem nachts gibt es immer häufiger Gewitter und das volatile Wetter verlangt noch mehr Aufmerksamkeit als üblich. Der Herbst übernimmt und das Winterwetter ist nicht mehr fern.
Zur Chronistenpflicht: vom Ambrakischen Golf steuerten wir eine wunderbare Bucht am Festland an. Klarstes Wasser, super Ankergrund, zirpende Grillen und einiges an Fischen oder in anderen Worten: kitschigstes Griechenland. Dort waren wir mit unserem Buddy Boat, mit unseren schwedischen Freunde Margaret und Dan mit ihrer Najad „Fram“ verabredet. Die letzten Wochen der Saison segeln wir gemeinsam und wir genießen die Gesellschaft netter und kluger Menschen.
Margaret und Ka, Margaret, Veia (der kleine weiße Hund) & Dan auf der Fram
Thunderstorm in Petritis
Unser nächster Ankerplatz lag bei Petritis, im Südwesten der Insel Corfu. Zum Glück fanden wir dort nur wenige Schiffe vor Anker, denn uns erwischte ein Thunderstorm, der uns kräftig herumrollte. Vom Abend bis in die Nacht hatten wir unzählige Blitze und kräftigem Seegang. Uns blieb nichts als die Motoren zu starten, den Ankeralarm ständig zu überwachen und zu hoffen, dass kein Blitz einschlägt.
Rote und gelbe Punkte sind Blitze in unserer Ankerbucht
Schön ist anders. Diese Sturmwarnungen kommen nun häufiger.
Anziehendes Gewitter und wenn´s naß wird beim Segeln, Ka ist vorbereitet
Das sind die Tage, an denen wir sehr gerne an den Komfort des Landlebens denken. Einfach mal die Tür hinter sich schließen und einen guten Wein entkorken, wenn es draußen eklig wird. Ein Buch lesen, wenn es stürmt und nicht ständig den Anker prüfen und den Abstand zu Land oder anderen Schiffen. There is no paradise and no free lunch.
Herbst- und Wintermodus
Im Oktober beginnt der große Ladenschluss und die Ionischen Inseln schalten auf Winter. Das der Herbst für Normaleuropäer immer noch eine wunderbare Zeit in Griechenland wäre und ein Besuch lohnen würde, interessiert dann niemand. Das Herbstwetter ist immer noch reizvoller als sonst wo. Aber ab Oktober beginnt halt der Winter im Ionischen Meer. Das bedeutet weniger Flüge, geschlossene Geschäfte, Restaurants und Hotels. Jährlich grüßt das Murmeltier. Man kann den Griechen sicher nicht vorwerfen, gierig zu sein und jedes Geschäft mitzunehmen. Die meisten beginnen dann auch mit der Olivenernte – auch sehr wichtig, denn ohne Olivenöl übersteht kein Grieche den Alltag.
So war der Sommer
Es war ein moderater Sommer und – wie ich meine – ein kurzer in Griechenland. Die Zahl der Tage über 35 Grad war deutlich geringer als im letzten Jahr und das Meer kam erst Wochen später auf Betriebstemperatur. Ich laß von Meerestemperaturen von 30 Grad in Frankreich und einem viel zu warmen Mittelmeer. Das Ionischen Meer trägt wenig dazu bei, mit 25-26 Grad ist das Wasser kühler als in der letzten Saison. Weniger warmes Wasser nährt die Hoffnung auf weniger Stürme oder gar Medicanes.
Der Kanal von Korfu zwischen dem Griechisch/Albanischen Festland und der Insel sorgt für relativ geschützte Konditionen. Die Segelbedingungen ändern sich schnell und der Wetterbericht ist nicht verlässlich. Als wir im Osten entlang der Insel Korfu vorbeizogen, hatten wir wechselnde Konditionen zwischen 5 und 25 Knoten in wenigen Minuten, mit nicht angesagtem Gewitter. Es gibt Tage mit Cape Werten von 700, in denen es stundenlang gewittert. Dann gibt es Tage mit 3000 er Cape Wert, mit sonnigen und ruhigen Wetter.
Hauptpreis im Ionischen: Korfu Stadt
Nach Petritis hatten wir uns eine der Perlen für das Saisonende aufgespart: Korfu Stadt.
Wir ankern gerade in der Bucht der Hauptstadt, einer Bucht mit schlechtem Ankergrund, aber einer außergewöhnlichen Aussicht auf die ehrwürdige Festung und Albanien in Sichtweite.
Im Juli und August ist es unerträglich voll, erst zum Saisonende findet man hier einen ungestörten Ankerplatz und deshalb tauchen wir jetzt hier auf. Begleitet werden wir von einer Armada von Superyachten, allein heute liegen hier 16 dieser motorisierten Kleinstädte. Sogar die legendäre Maltese Falcon (die wir zuletzt in Antigua sahen) und andere segelnde Traumschiffe geben sich die Ehre.
Luxusschiffe zu mieten
So gut wie alle dieser Schiffe kann man chartern, ein erfreulich volles Konto vorausgesetzt. Zum Beispiel die „Aily“, eine 52 m Motoryacht, kostet zwischen 280.000 und 330.000 € pro Woche und Saison – nur für die Charter. Betriebskosten und Verpflegung kommen noch hinzu. Üblicherweise hat man dann Platz für 12 Personen – und schon wird der Preis zum Schnäppchen 🙂
“Aily,” (52m, 280.000-330.000 € week) “This is it” (43,5 m, 390.000-440.000 € week),“Maltese Falcon” (88 m, 490.000 € week)
Die „Aily“ ist weder der größte noch der luxuriöseste Fisch im Teich, es ist immer noch Luft nach oben. Wie die “Maltese Falcon” mit 490.000 € pro Woche bestätigt. Freitag scheint der Tag des Proviantierens zu sein. Dann rasen die Beiboote der draußen ankernden Yachten zum Dock, um neues Futter von edlen Lieferanten aufzunehmen. Viele dieser Beiboote sind größer und sicher auch teurer als unser Schiff und bringen uns oft heftig zum Schwanken, während wir unsere doch vergleichsweise bescheidenen Einkäufe an Bord bringen. Nur wenige dieser Tenderboot-Fahrer nehmen Rücksicht auf ankernde Schiffe. Stellt euch vor ihr steht in eurer Küche und kocht und plötzlich schwankt alles um fast einen Meter. Man gewöhnt sich an alles.
Zurück nach Korfu Stadt
Korfu Stadt ist zweifellos die schönste Stadt im Ionischen Meer und das Highlight der Insel Korfu. 40.000 der knapp 100.000 Korfioten (nicht meine Wortschöpfung) leben in dieser Stadt und in der Offseason ist ein Besuch einfach nur schön. Während der Saison ist es so unerträglich voll wie Palma de Mallorca oder Dubrovnik. Mai und September sind für Korfu die perfekten Monate, wobei im September auch das Meer angenehm warm ist.
Korfu Stadt mit Dock und Ankerplatz
Corfu Town ist nach Kalamata erst die zweite richtige Stadt, die wir in dieser Saison besuchen. Die Altstadt ist eine Fußgängerzone, mit altem Pflaster und netten Häusern, sehr lebendig und sympathisch. Dank unseres Fitness Gurus, der „Wandermaschine“ Dan, entdecken wir auch feinste Wanderwege. Rund um die Bucht erwandert man sehr Sehenswertes. Von einer kleinen Windmühle, über den Park „Mon Repos“ bis zur Altstadt kommt man durch begrünte Straßen und Parkstreifen, mit vielen Villen, die von guten alten Tagen berichten. Es bleibt eine schöne Atmosphäre.
Unser Ankerball als Mooring
Wir haben ein paar Tage eingeplant, immer mit einem Auge auf den Wetterbericht. Wie erwähnt ist der Ankergrund vor der Stadt nicht gut, vor allem bei rauem Wetter. Und dazu sorgen manche ankernden Besucher für unerwartete Ereignisse. Eines Abends waren wir mit Margaret und Dan in der Stadt und bekamen eine Nachricht von einem britischen Schiff im Ankerfeld. Ein norwegischer Segler wollte an unserem kleinen roten Ankerball festmachen, der die Lage unseres Ankers an der Wasseroberfläche anzeigt. Das Ding ist 15 cm im Durchmesser und ist mit einem 6 mm Gummiseil mit dem Anker am Meeresgrund verbunden. Diese Ankermarkierung ist deutlich mit „don´t touch“ beschriftet ist und ca. 35 m von unserem Schiff entfernt. Die zwei Experten hatten unseren Ball schon an Bord, als die netten Britten von nebenan sie vertreiben konnten. Man kann wohl endlos lange segeln und wird immer wieder überrascht.
Die Tage mit stabilem Wetter nutzten wir für Landausflüge und Erledigungen. Die Insel Korfu hat viele schöne Buchten und Aussichten auf das Meer. Es gibt ein paar Sehenswürdigkeiten wie Sissis Palast Achillion oder eines der vielen Klöster. Die Landschaften sind sehr schön, aber offensichtlich durften sich selten Architekten ans Werk machen. Ein Segelkumpel meinte mal, Korfu (die Insel) sei „so richtig verbaut“. Das Highlight ist eindeutig Korfu Stadt.
Wir werden noch ein paar die Annehmlichkeiten genießen, mit etwas mehr Vielfalt als üblich und den leckersten Zimtrollen überhaupt. 3-4 Ziele haben noch bis Ende September auf der Liste. Drückt uns die Daumen, dass das Wetter mitspielt. /Holger Binz
Hoffentlich muss Ka die rosa Gesichtmaske nicht so oft anziehen in den nächsten Wochen.
Auf etwas kältere Nächte muss man sich aber nun auch hier einstellen.
Wir versuchen es in den nächsten Wochen mal wieder an der Küste der Normandie und der Bretagne mit dem September-Wetter.
Lieben Gruß
Jürgen