Rivercafe kommt an Land
Wenn man an Zeichen glaubt, dann bekamen wir ein eindeutiges von Mutter Natur. Einen klaren Wink des Wetters unsere Saison nun zu beenden. Als sich unsere Freunde auf den Weg in ihr Winterlager machten, segelten wir die letzten 30 nm nach Preveza, der netten kleinen Stadt am Eingang zum Ambrakischen Golf, am griechischen Festland.
Bei Preveza findet man immer einen Ankerplatz, aber diesmal war es proppenvoll. Und kaum lag unser Anker fest, wurde es spätherbstlich. Fast schon nordsee-ig. Die Temperaturen fielen um 10 Grad, es wurde stürmisch und regnete aus Eimern. Perfekt um uns den Abschied leichter zu machen. Ein rumtollender Seehund und ein einsamer Delfin konnten unsere Stimmung nur kurz verbessern.
Preveza
Preveza ist ganz nett, in den Bereichen am Wasser aber ziemlich touristisch. Mit 20.000 Menschen ist es einer der größeren Orte im Ionischen Meer. Die meisten leben vom Charter Tourismus und von Yachties. In der Saison ist es rumpelvoll, die Winter sind leer und einsam. Die Stadt wogt im Rhythmus der An- und Abreise der Charter Segler, auf die alles ausgerichtet ist. Sie liegt an der nördlichen Seite des Kanals, während auf der südlichen Seite, gleich neben dem Flughafen, das Größte an Marineindustrie liegt, was ich jemals sah.

Gasse in Preveza
Drei Werften lagern Schiffe, überwiegend an Land. Mit allem an Yachtservice, was Schiffe brauchen. Allein unsere Werft hatte zum Zeitpunkt unserer Ankunft 1.200 Schiffe an Land stehen. Insgesamt sind es sicher über 3.000 und es werden täglich mehr. Ein unglaubliches Meer an Masten, die man weit von See und natürlich auch auf Google Earth sehen kann.

Preveza (links) und das enorme Schiffslager (rechts), verbunden mit einem Tunnel unter dem Kanal (Google Earth Fotos)
Storage on the hard
Für diese Winterpause entschieden wir, Rivercafe für längere Zeit an Land zu stellen, zum ersten Mal in ihrem fünfjährigen Leben. Nach zwei Jahren ohne Pause im Wasser, muss das Unterwasserschiff erneuert werden und die übliche Wartung der Propeller, Saildrives und Ventile sind an Land einfacher. Wir hatten schon zu Beginn der Saison einen Landplatz gebucht und einen Krantermin vereinbart. Für Eigner von Katamaranen empfehlenswert, denn die Anzahl von Werften mit professionellem Kran und Platz ist deutlich geringer als für Monohulls. Es ist kaum zu glauben, mit welchen Krankonstruktionen manche Werften Katamarane aus dem Wasser quälen und quetschen. Nicht so in Preveza.
Zwei Tage dauert es normalerweise, bis ein Schiff winterfest ist. Bei uns diesmal etwas länger, weil wir viel Material von Bord mitnahmen. Wir begannen uns am Ankerplatz vorzubereiten und schafften es gerade noch, unser Vorsegel bei Sonnenschein zu verstauen. Am zweiten Tag wurde das Wetter dann noch ekliger und im kräftigen Wind slippten die ersten Schiffe am Ankerplatz. So auch unser „Vorlieger“. Ein älterer, aber sehr erfahrener und freundlicher deutscher Segler rückte uns in der ersten Nacht auf Dinghi Abstand auf die Pelle. Nachdem wir zusätzliche 20 m auf über 60 m Kette (bei 6 m Tiefe) ausgelegt hatten, kam er über Nacht nochmals fast auf Armlänge an uns heran. Werner, so hieß der nette Mensch, war aber wachsam und hob mitten in der Nacht im steifem Wetter seinen Anker um sein Schiff aus der Crashzone zu verlegen.

Vorsegel mit der Fläche eines Appartments
Das schlechte Wetter sollte noch schlechter werden und so gingen wir einen Tag früher als geplant in die teure Cleopatra Marina. Die gute, aber stressige Nachricht: die Marina wollte uns einen Tag früher als geplant auskranen, weil das Wetter der Folgetage kein auskranen mehr zuließ. Somit hatten wir einen Tag weniger für die Vorbereitungen und mussten unsere Arbeitsdrehzahl deutlich erhöhen. Zum Ausgleich wurde uns ein Tag Liegegebühren erstattet, für die wir uns das beste Hotel am Ort plus Abendessen gönnten und darüber hinaus noch Geld sparten.

Motoryacht vor uns am Lift, Rivercafe hau-out
Meister des Haul-out
Das Auskranen in der Cleopatra Marina ist beeindruckend. Jetzt zum Ende der Saison, wird alle 15-20 Minuten ein Schiff, mit einem vom zwei Travel Liften aus dem Wasser gehoben. Die Jungs und das Equipment sind die besten, die ich jemals bei einer solchen Aktion sah. Alle Skipper bekommen eine Uhrzeit, zu der sie an der Kranstelle auftauchen und schließlich einlaufen sollen. Die Kran Crew legt unter Wasser die Schlingen um die richtigen Stellen der Rümpfe und hebt die Tonnenlast langsam aus dem Wasser, um sie dann auf einem bereitstehenden Tieflader abzusetzen. Der Rest ist Routine und Erfahrung, bis das Schiff fest und sicher an einem Platz an Land steht.
Als wir zum Kran gerufen wurden, erwischten wir ein sonniges und fast windstilles Fenster. Ein kleines Geschenk zum Ausklang. Nachdem unser Kranmeister die Rivercafe an Land gehoben hatte, wurde der Unterboden umgehend gedampfstrahlt (ein seltsames Wort). Unser Unterboden sah nach zwei Jahren und einer leichten Wäsche so sauber als, als ob wir gleich wieder zurück ins Wasser gekrant werden könnten. Die Unterschiede der vielen Antifouling Produkte sind bemerkenswert, die richtige Wahl erspart viel Zeit und Geld.

Am Ende eines sehr anstrengenden Tages (oder mehrerer anstrengender Tage), parkte die Rivercafe sicher an Land und wir watschelten ins Hotel und fielen wie erschlagen ins Bett. In der ersten Nacht ohne Schiff wachte ich auf, weil ich dachte einen Wetteralarm unseres digitalen Barografen zu hören. Ich stand schon vor dem Bett, bis ich verstand, wo ich war.
Während wir uns auf den Weg zum Flughafen in Preveza machten, sorgte die Cleopatra Crew für die notwendigen Pflegespülungen auf der Rivercafe: die Motoren, Generator und AirCons mussten mit Frischwasser gespült werden, damit kein Salzwasser in den Leitungen verbleibt. Dazu musste unser treuer Wassermacher eingewintert werden um die wertvollen Membranen nicht zu ruinieren.
Landleben
Der Zeitdruck zum Ende und das schlechte Wetter ließen uns nicht viel Zeit zum Nachdenken. Und kaum versahen wir uns, waren wir bei Freunden und Familien in Luxembourg und Deutschland. Es ist sehr ungewohnt, nicht mehr ständig das Schiff und die Reise im Kopf zu haben, mehrfach täglich das Wetter und die Bedingungen und Ankerplätze zu checken. Dafür ist das Landleben deutlich langweiliger. Und dann noch lange Hosen…
Nach einem Besuchsmarathon stiegen wir in der erste Auto, dass wir seit 5 Jahren besitzen (vollelektrisch und kein Tesla) und machten uns auf den Weg nach Spanien. Das war unser erster „road trip“ seit vielen Jahren. Wir ließen uns Zeit, ein bisschen von Frankreich und Spanien zu genießen. Vor allem die Küche.

Französisches Chateau bei Lyon ohne Zaziki, ohne Wasser geht es dann doch noch nicht: Roses (E)
Es ist unglaublich einfach und bequem, mit einem Elektroauto durch Frankreich zu fahren. Großes Kompliment für eine fantastische Ladeinfrastruktur und auch für ein ausgezeichnetes E-Auto, nicht-chinesischer Bauart. (Dieser Blog ist werbefrei). :-).Es ist ein wunderbares Gefühl, dass wir auch an Land emissionsfrei reisen können.
Nun sind wir in Spanien und kümmern uns um den Bau unseres Hauses. Bald werden wir sehen, wie unsere Reise weiter geht. /Holger Binz

