Wir haben uns entschieden, es wird ein Katamaran
Ich gestehe: Kats waren für mich immer hässlich und lächerlich. Nur Monos waren Segelschiffe. Der Atlantik und viele Nächte vor Anker haben mich dummen Menschen weiser werden lassen. Danke meinen Kat Freunden, dass ihr so nachsichtig mit meiner jugendlichen Naivität ward.
Wir kommen von keinem schlechten Monohull Niveau, unsere Atlantikrunde haben wir mit einer Hanse505 gedreht. Mit einem Mono um die Welt zu gehen, ist für uns undenkbar – erst recht mit einer Hanse. Hier sind unsere ganz persönlichen Gründe für den Umstieg:
- Kein Leben im Hang. Nach zwei Wochen Atlantik hatte ich das Gefühl, ein Bein ist länger als das andere. Die ständige Krängung nervt irgendwann. Kats segeln aufrechter, es gibt nicht mal kardanische Kochplatten – das erklärt alles. Freude konnten auf Ihrem Kat während des selben Crossings Schach spielen, wir nicht mal vom Tisch essen.
- Monos rollen. Kats nicht. Vor allem vor Anker ist der Unterschied enorm.
- Kein jonglieren, weniger blaue Flecken. Bei Seegang ist es nicht witzig, Zeugs über die Treppe ins Cockpit zu schleppen oder zum Navtisch runter zu hangeln. Beim (unserem Leopard) Kat liegen Cockpit und Salon (bei uns auch die Pantry) auf einem Niveau, man muss nicht klettern und kann keine Treppe runterfallen. Das sind einige blaue Flecken weniger.
- Mehr Platz. Überall. Drinnen und draußen. Wir haben einen festen Arbeitsplatz und müssen Computer und Bücher nicht ständig wegräumen und sichern. Auf unserer neuen Leopard dazu noch zwei Außenbereiche zum verweilen.
- Kats sind deutlich schneller bei halbem und raumem Wind. Am Wind verlieren Kats 15 Grad. Etmal kalkulatorisch i. M. Hanse505: 140, Leopard45: 200 (beides zweihand, konservativ) und da wir überwiegend Passatwind segeln, ist der Vorteil beachtlich.
- Weniger Tiefgang. Ist im normalen Leben nicht gut, aber bei Schiffen ein Traum. Mit 1.40 statt 2.50 m haben wir viel mehr Ankermöglichkeiten, sind näher an Inseln und können auch leichter die Turks&Caicos oder Bahamas besegeln.
- Dinghi Handling. Auf der Hanse hatten wir ein Dinghi von 2,40 m und 2.5 PS AB, faltbar zum verstauen. Auf der Leopard gibt’s bequeme Davits für ein Dinghi 3,40/3,60 und 15/20 PS. Neue Welten für uns und keine Zerrungen mehr.
- Zwei Motoren, zwei Ruder. Obwohl der Motor so ziemlich das einzige war, was auf unserer Hanse weniger Probleme gemacht hat gibt es mehr Sicherheit durch Redundanz.
- Mehr Komfort. Waschmaschine, Spülmaschine, mehr Solarpanel und vieles mehr sind auf einem Kat viel besser unterzubringen.
- Autarkie. Es ist leichter auf den umfangreichen Flächen Solar Panel aufzurüsten, das macht unabhängig von Marinas und Landstrom.
Nachteile:
- Ein Mono kann durchkentern und die Bleibombe stabilisiert. Beides nicht beim Kat.
- Kats sind deutlich teurer.
Ergebnis: 12:2 (ok, nach der Liste 10:2, aber es gibt noch ein paar geheime Punkte)
Ich musste also tatsächlich erst einmal um den Atlantik um zu verstehen, das ein Leben für Liveaboards auf einem Kat wesentlich angenehmer ist. (Ich weiß Garry, du hattest schon immer Recht). Und das ist auch genau der Unterschied für mich:
Langfahrt und Liveaboard = Kat
Wochenend- und Urlaubssegeln = Mono.
/HB