Woher man weiß, dass man los kann.
Es war ein traumhafter Morgen, als ich in der kleinen Bucht in St. Johns (USVI) aufwachte. Wir ankerten in kristallklarem, warmen Karibikwasser. Die Sonne ging gerade auf und die Vögel jagten ihr Frühstück. Es roch nach Meer und die Stille war zu hören. Ein warmer, sonniger Tag in der Natur lag vor mir. Das war einer der perfekten Momente im Leben.
Sechs Monate nach meiner Rückkehr in den Alltag, waren meine Reserven an Toleranz und Ertragenskraft (ich denke wir sollten öfter neue Worte kreieren) aufgebraucht. Das Jahr einfachen Lebens auf dem Meer und in der Natur hatte meine Werte und Prioritäten neu eingenordet. Das Posen und Kraftmeiern unseres zivilisierten Alltags ging mir unglaublich auf den Keks und ich passte da nicht mehr rein. Zu meiner Freude ging es Ka ähnlich.
Wann weiß man, dass man los muss und weg kann?
Es sind zwei entscheidende Wendepunkte. Eine hilfreiche Voraussetzung ist, dass man den Mut hat alles hinter sich zu lassen und die Leinen zu lösen. Das ist ein Entwicklungsprozess und du spürst genau, wenn der Punkt erreicht ist. Der andere Punkt ist das Geld, das man für eine open End Reise braucht.
Es ist interessant, dass beide Themen bis zu einem Punkt verknüpft sind. Da auch bei uns in Europa Manna nicht vom Himmel fällt, muss man (üblicherweise) arbeiten um sein Leben zu bestreiten. Das Arrangement ist einfach: wir verkaufen unsere einmalige und wertvolle Lebenszeit für Jobs. Wir funktionieren konform im Ausgleich gegen Geld und Sicherheit. Und je tiefer wir in dieser Routine stecken, umso angepasster und weniger abenteuerlich und wagemutig werden wir. Dafür aber immer frustrierter, wie der alltime-high Antidepressiva Konsum belegt. Es ist physiognomisch leicht erklärbar, warum wir im vertrauten und bequemen Modus bleiben wollen und diesen Vorfriedhof dann witziger Weise „Komfortzone“ nennen. Das ist einfache Körperchemie und Konditionierung.
Wieviel ist genug?
Vorausgesetzt man erreicht den Scheideweg bleibt die Frage, wie das andere Leben finanziert werden soll. Wieviel ist genug? Habe ich genug Geld? Gedanken den Lebensstandard nicht halten zu können, Sorge vor Altersarmut, das Gefühl verantwortungslos zu sein. Noch ein bisschen mehr Reserve anhäufen. Es gibt genug Gründe, die einem vor dem Einschlafen einfallen und den letzten Schritt verhindern.
So wurde das nichts, mit der Antwort auf alle Fragen. Einfach mal Distanz reinbringen und nachdenken. Also habe ich meinen Ansatz geändert und gefragt, mit welchem monatlichen Betrag ich für den Rest meines Lebens klarkommen würde. Ich habe einen monatlichen Betrag definiert. Dann habe ich einen Finanzplan bis zum Alter von 99 Jahren erstellt. Das genügt, denn dann werde ich glücklich, mit einem Lächeln im Gesicht und einem Glas Bordeaux in der Hand, mit Herzinfarkt über Bord fallen.
Wunderbar, ein grüner Saldo im Excel Sheet. Der Fleiß der Jahre hat ausgereicht, um meine Zahl zu erreichen. Nach der ersten Freude hörst Du dann eine Scrooge`sche Stimme (vor der Läuterung) im Kopf: aber genügt das wirklich? Wäre ein bisschen mehr nicht noch besser? Bis du verantwortungslos? Ich weiß aus eigener Erfahrung wieviel Budget ich brauche, wenn ich durch die Welt segele. Das passte, alles gut. Nur cool bleiben. Es bleibt nur noch die Entscheidung zu treffen. Nach mehr Geld streben für spätere Zeiten oder gleich das Leben leben das ich wirklich will – in meinem Fall als Weltumsegler.
Meine Antwort ist klar: ich bin bereit. Mental bin ich vorbereitet meine Komfortzone zu verlassen und mich den Hochs und Tiefs einer Reise auf den Weltmeeren auszusetzen. Familiäre Verantwortungen sind an die nächste Generation übergegangen. Und mein Budget passt.
Klar, es kann immer etwas dazwischenkommen. Es kann auch ein Meteorit auf die Erde stürzen, was übrigens mit 100%iger Wahrscheinlichkeit eintreffen wird. Nur wer weiß wann. Solange – oder bis 99 Jahre – je nachdem was früher eintrifft – führe ich dann das Leben meiner Wahl. Und ich kann mich jeden Tag neu entscheiden. Alles ist möglich. Ich kann es kaum abwarten, bis die Rivercafe fertig gebaut ist und wir die Leinen in Kapstadt losmachen. Ich werde wieder die Meeresluft riechen, Delfine springen und die Vögel ihr Frühstück jagen sehen. Es wird komplett mein Leben sein. / Holger Binz
Hallo Holger
toll dass du so im Klaren mit dir/euch bist! Das ist wohl die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Gelingen! Wir halten euch auf jeden Fall ganz fest die Daumen!
Wir rechnen etwas bescheidener was die Anzahl der Lebensjahre betrifft: 85 wäre ganz ok, wenn’s mehr ist, nehmen wir’s gerne mit – vorausgesetzt…du weisst was ich meine!
Wir warten auch ganz ungeduldig auf die Prana! Am 18.8. sollte sie in V sein. Wir haben dann vor, mit Timmy nach Cannes bzw. Antibes zus Egeln, wo wir euch dann aufnehmen werden. Das wird so um den 18. rum sein. Anschliessend hängt’s ein wenig von euch ab, wienlange ihr bleiben könnt. Könnte mir vorstellen, dass wir nach Korsika/Sardinien gehen und dann von dort nach Mallorca, wo es für euch eine Rückflug-Möglichkeit gibt. Oder ihr kommt einfach mit nach V!
On verra – wir besprechen das noch!
Haben’s guet, bis bald
eure Anki und Walter