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Ascension calling

Ein Halt mitten im Atlantik

Am 19.8. um 14:30 h hat uns Kitty, die unglaublich hilfsbereite Harbor Master(in) von Ascension Island informiert, dass unsere Jungs in der Inselhauptstadt Georgetown angekommen sind. Crew und Yacht sind in gutem Zustand und fühlen sich nicht annähernd so verschollen, wie wir dachten.

Das uns die Port Chefin Kitty informiert und nicht wie üblich der Captain, hat einen unerfreulichen Grund. Seit St. Helena haben wir keine Nachrichten und Positionen von Bord der Rivercafe mehr bekommen. Sechs Tage zero communication. Das ist nicht gut.

Ka und ich haben uns ernste Sorgen gemacht und das hat mir ein paar graue Haare beschert. Tatsächlich grau, nicht silbern. Aber da das epib (Sat gebundenen Alarmsystem oder auch Emergency position indicating radiobeacon) an Bord nichts gemeldet hat, wussten wir zumindest, dass es keine Havarie gab. Wo die Jungs waren, wussten wir allerdings auch nicht.

Und wie so oft, kleine Ursache, große Wirkung. Gary`s Iridium Go hat eine Macke. Sein Provider hat ihn ganz übel hängen lassen und macht ihm das Leben schwer. Das muss nun so schnell wie möglich in Ordnung gebracht werden, denn die nächsten 2.800 nm sind ohne Sat Verbindung und ohne aktuelle Wetterdaten gar nicht witzig. Von den beruhigenden Nachrichten an die Liebsten an Land und an die nervösen Eigner mal ganz abgesehen. Es sieht aber wohl leider so aus, als ob der zukünftige-Ex-Provider (meine Vermutung) von Gary an einer reset Lösung arbeitet, deren Ergebnis wir erst erfahren, wenn Gary wieder unterwegs ist. Unser souveräner Captain hat sich Wetterdaten des Südafrikanischen Meteo Amts besorgt und sich von Radio Ascension schon mal bei Radio Cape Verde anmelden lassen. Dazu wählt er den konservativeren Kurs. Wir hoffen aber, dass die Rivercafe die Kapverden nicht anlaufen muss und diese Inseln erst auf unserem Weg in die Karibik sieht. Es geht also leider aufregender weiter, als wir uns das gewünscht haben.

Nun sind also weitere 700 nm und damit fast die Hälfte der nervenaufreibenden Reise gesegelt. Ganz ernsthaft: unsere Crew musste, um in Ascension an Land gehen zu dürfen, einen Coronatest machen.  In St. Helena fiel der Landgang virologisch aus. Aber das man nach 17 Tagen auf See ohne jeden Menschenkontakt, also in quarantänigster Quarantäne – quasi der Mutter aller Quarantänen – noch einen Test braucht, kann sich auch nur ein Bürokrat ausgedacht haben.

Bei all der Aufregung hätten wir fast vergessen etwas über Ascension zu erzählen. Das ist mal ein Ort, der wirklich maximal „remote“ liegt oder auch in der geographischen Mitte des Atlantiks. 800 Menschen leben auf der 88 km2 kleinen Vulkaninsel die, wie St. Helena, zum Britischen Königreich gehört. Die ESA und die NASA betreiben dort Stützpunkte und deren Mitarbeiter bevölkern hauptsächlich die Insel. Früher wurde die Insel für Zielübungen der Amerikanischen Raketenprogramme genutzt. Diese dusseligen Zeiten sind aber zum Glück vorbei. Zu den offiziellen Einwohnern kommen noch die ungezählten Militärs der Amerikaner und Briten, die dort Basen betreiben. Ascension ist einer der wenigen Plätze der Welt, die vor der Besiedlung keine indigene Bevölkerung hatte. Im Reisekatalog findet sich für Ascension sicher keine Seite, denn wie – fragt sich der neugierige Reisende – soll mal da ohne eigenes Schiff auch hinkommen?

Wenn allerdings die restlichen Einwohner auch nur annähernd so nett und hilfsbereit sind wie die Hafenmeisterin Kitty, ist die Insel ganz sicher einen Besuch wert.

Nach dem Stopp von einem Tag, setzt die Rivercafe am Donnerstagabend wieder Segel mit Kurs Teneriffa. Etwas mehr als 2 Wochen werden wir nun abwarten müssen und so tun als ob wir völlig cool bleiben. Tatsächlich fühlen uns wie auf der Ersatzbank festgenagelt und müssen zusehen, wie die anderen spielen. Solange Crew und Yacht ok sind, ist unser Beitrag nur geduldig zu bleiben. Vermutlich ist das der härteste Teil.

Ka und ich hatten uns vorgenommen, die Wartezeit sinnvoll zu nutzen. Heute haben wir beide unsere Open Waters Tauchkurs mit dem letzten (wunderbaren) Tauchgang auf 20 m abgeschlossen. Das war eine abwechslungsreiche Freude und eigentlich auch ein Muss für Segler. Aber dazu ein anderes Mal mehr. / Holger Binz

10 Kommentare zu „Ascension calling“

    1. Hola aus Tenerife, merci villmols. Wenn das so weiter geht, lernen wir vermutlich noch fließend Spanish. Warten ist doof.
      Herzliche Grüße und viel Spaß auf der Adesso

  1. Hallo Ihr 2,
    Das ist ja spannender als ein Krimi. Freue mich schon auf Season 2 wenn Ihr das Ruder übernehmt!
    Wir dürfen ab heute auch wieder mit der Marie-Astrid unser Risikoland verlassen :).
    Ganz lieber Gruss
    Jerry

    1. Hi Jerry, die Zeiten für Schiffe mit dem „roude Leiw“ werden wieder besser. Hoffe inständig, dass Season 2 weniger Drama enthält 🙂
      Hab Spaß

  2. durch unser kurzes Kennenlernen hat sich ein Beobachtungsfieber entwickelt. Es ist selbst für uns aufregend zu lesen das ihr noch immer warten müsst. Aber die Zeit verrinnt wie im Fluge, jedenfalls fühlt es sich so an, wenn euer Schiff endlich auf Teneriffa ist.
    Ablenkung sollte auf der Insel noch möglich sein (zwinker).
    LG
    Jürgen und Angelika

    1. Hallo Jürgen, das freut uns zu lesen. Ich kann Dir nur zustimmen, dass es schlimmere Orten zum Warten gibt. Aber irgendwann ist auch der dickste Kratzbaum durch.
      Viel Spaß

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