Puerto Rico – die verstaubte Perle
Das Wetter sorgte für ein paar extra Tage in Culebra. Für Mittwoch sah es gut aus und wir verabschiedeten uns mit einem letzten Abend in der kultigen „Dinghi Dock“ Bar – einem Muss für Segler. Bei Sonnenaufgang hoben wir den Anker und durch den Dunst des Meeres war am Horizont Puerto Rico bereits zu erahnen.
Auf unserem Weg nach Norden müssen wir zuerst ein paar hundert Meilen nach Westen, entlang von Puerto Rico und der halben Dominikanischen Republik. Auf dem Weg zu den Turks & Caicos kann man nördlich oder südlich um PR segeln. Die Masochisten gehen über den Norden mit der härten See, mit wenigen bis keinen Ankerplätzen, aber dafür mit der Hauptstadt San Juan – ohne Platz für Schiffe unserer Größe. Die Hedonisten nehmen die Südroute mit geschützten Ankerplätzen und einigen Zen-Orten.
Wir wählten die Südroute und wurden mit wunderbaren Ankerbuchten belohnt. Nach 25 nm erreichten wir Puerto Ricos Ostküste. Wir liefen weiter südlich und nach 50 nm ankerten wir in Patillas, einer ruhigen und richtig schönen Bucht, vom offenen Meer geschützt durch ein enormes und malerisches Riff. Wir genossen die abendliche Stille der Natur, eine besonders ruhige Nacht und gingen morgens früh weiter.
Monduntergang gegen 6.00 h
Unseren zweiten Stopp legten wir nach 20 nm in Salinas ein. Diese Bucht ist sehr flach und ziemlich voll. Wir ankerten im Eingang an den Mangroven und gleich sahen wie Seekühe an uns vorbei lustwandeln. Es gibt nur noch vier Arten, die nicht von Menschen ausgerottet wurden. Die Rundschwanzseekühe leben in Florida, aber offensichtlich auch südlicher in Puerto Rico. Manatees – so der englische Name – sind unglaublich sympathisch und wenn man sie sieht, machen sie gute Laune.
Manatees – Fremdbild
Für unseren letzten Halt an der Südseite, entschieden wir uns für Parguera und wurden bei der Einfahrt von Delfinen begrüßt. Wir warfen als einziges Schiff in der großen Bucht hinter dem Riff unseren Anker und genossen guten Wellen- und brauchbaren Windschutz. Auch hier ließ der Wind zum Abend nach und schenkte uns das friedliche Gefühl eines stillen und glatten Meeres. Das war zweifellos das ruhigste Gewässer unserer gesamten Reise.
Unglaublich ruhige See vor Anker, die Berge von Salinas
Puerto Rico ist bekannt für seine Buchten mit Bio-Illuminiszenz. Es gibt drei Orte: Fajardo im Nordosten, die Insel Vieques – mit der wir schlechte Erfahrungen haben und Parguera – die einzige Bucht, in der man schwimmen darf. Es ist ziemlich cool, in der dunklen Nacht bei jeder Bewegung im Wasser ein gespenstiges Leuchten zu sehen. Man sieht sogar die Fische erleuchtet näherkommen. Fotos sind leider nichts geworden, deshalb hier ein paar ausgeliehene.
Fremdbilder – unsere Fotos wurden nichts
Mona Passage
Nach 100 nm um den Süden Puerto Ricos bogen wir dann an der Westseite nördlich in die Mona Passage ein. In der Bucht von Puerto Real wollten wir unseren Check-out regeln, ein bisschen Proviant bunkern und das richtige Wetterfenster für die berüchtigte „Mona Passage“ abwarten.
Über die Passage zwischen Puerto Rico im Osten und der Dominikanischen Republik im Westen wurden bereits Bücher geschrieben. Sie ist legendärer Teil des „dornigen Pfads“ (thorny path) zwischen den USA in der Ostkaribik. Die Mona Passage ist ca. 55 nm breit (knappe 100 km). Herausfordernd macht sie die Beschaffenheit des Meeresgrundes. Nördlich dieser Passage ist die tiefste Stelle des karibischen Meeres mit über 7.000 m. In der Passage steigt der Meeresgrund auf 200 m an und es braucht wenig Fantasie sich vorzustellen, was die paartausend Meter anschwellendes Wasser veranstalten. Wenn mal der Wellengang nicht bekloppt ist, dann ist es der Wind. Und umgekehrt. Auf den Moment, an dem beide die Kuh im Dorf lassen – auf das perfekte Wetterfenster – gilt es zu warten.
Wir sind gut mit allen möglichen Wetterservices ausgestattet. Aber da wir vor dieser Passage besonderen Respekt hatten, buchten wir uns ein individuelles Routing vom amerikanischen Segel-Wetter-Guru Chris Parker. Der gab erst nach 5 weiteren Tagen sein „go“. So wurden uns ein paar Extra-Tage Puerto Rico geschenkt, die wir für ein paar Tripps über Land nutzen.
Tripp durch den Westen und Süden
Drei Stunden Autofahrt von Westen nach San Juan waren uns zu weit. Wir schauten uns die West- und Südseite der Insel an und das war mehr als genug für ein paar Tage. Puerto Rico ist eine Insel der Widersprüche. Die 3.2 Mio. Puerto-Ricaner sind US-Bürger, aber viele sprechen kein English. Sie sind unglaublich freundlich und rücksichtsvoll, aber die Häuser sind vergittert. PR hat die besten Straßen der Karibik, aber so gut wie keine Hinweisschilder. Aber ohne Zweifel gibt’s hier die beste Musik unserer bisherigen Reise.
Ponce und San German. Zwischen Pracht und Elend.
Puerto Rico ist arm. Die Leistungsfähigsten sind in die USA ausgewandert und viele Städtchen und Dörfer sind verlassen und am Verfallen. Man findet viel Substanz, die auf vergangene gute Zeiten hinweisen. Immerhin gab es mal gute Zeiten. Die Häuser sind bei aller Ärmlichkeit viel gepflegter als im Rest der Ost-Karibik und Müll findet man nicht in den Straßengräben. Die Lebenshaltungskosten sind niedriger als in den südkaribischen Inseln, aber immer noch weit weg von günstig. Die Natur ist so fantastisch, dass eigentlich Touristen die Insel überrennen müssten, denn sie ist eine echte Perle mit einer unglaublichen Vielfalt. Wir werden sicher wieder kommen.
Nächstes Ziel: Dominikanische Republik
Die Mona Passage ist nur ein Teil unserer nächsten Etappe von knapp 150 nm. Eine Strecke für einen Tag und eine Nacht segeln. Nach mehrfach geänderten Plänen und Gesprächen mit Segelfreunden, werden wir doch in der Dominikanische Republik anhalten. Bei Seglern hat das Land einen besonders schlechten Ruf, weil ständig und überall Schmiergelder gefordert werden sollen. Unser Freund Martin empfahl uns eine Marina in Samana, die auch den Meldekram erledigen soll. Und ich lass bei einer Recherche, dass Schmiergelder fordern in Marinas verboten ist. Aber wenn Martin, kein Fan von Marinas, davon schwärmt, ist das sicher auch für uns ein netter Ort für ein paar erholsame Tage, nach der sicher sehr anstrengenden Passage.
Das nächste Mal schreiben wir hoffentlich von der anderen Seite, wenn wir nach einer erfolgreichen Passage in der schicken Marina von Samana die Füße ein paar Tage hochlegen. /Holger Binz
Praktische Ein- und Ausreisetipps für Puerto Rico
Für nicht US Segler ist die Einreisebürokratie in Puerto Rico verwirrend, obwohl es US Territory ist. Zuständig ist die CBP (Customs and Border Patrol), die sowohl für Immigration wie auch Zoll und Cruising Permit zuständig ist.
Wenn man bereits in den USVI mit B1/B2 Visum einklariert hat (Visum ist Pflicht für die Immigration), gilt das auch für Puerto Rico. Von anderen Orten kommend, muss man zur Immigration in einem Port of Entry. Für die Immigration müssen alle an Bord mit Paß erscheinen. Für Puerto Rico braucht man eine Zoll Clearance und einen US Cruising Permit (gültig für ein Jahr) für 37 USD. Vergisst man eines davor, wird es teuer.
CBP Roam
Man kann alles in einem der nur 4 (+ 2) Ports of Entry erledigen (San Juan, Fajardo, Ponce, Mayaguez am Festland – oder den Inseln Culebra und Vieques ). Ohne Immigration kann man sich mit einer App namens „CBP Roam“ anmelden. Nach der Dateneingabe bekommt man per Videochat weitere Ansagen. Wir erledigten Zoll und Cruising Permit nach dem CBP Video Chat in Culebra.
Die Ausreise ist noch einfacher. Ein Besuch eines Port of Entry ist nicht notwendig, d. h. die Pässe werden nicht nochmals abgestempelt. Man kann online das „CBP Form 1300“ downloaden, ausfüllen und an die CBP mailen. Das Formular kommt dann per Mail gestempelt als Clearance zurück. Die gesamte Clearance Prozedur ist kostenfrei.
Hey Ihr Lieben,
schön, mal wieder von Euch zu lesen! Ich drücke die Daumen für die Passage, klingt nach Biscaya. toi toi toi und Handbreit aus Berlin –
Euer Tom
Schönes Foto von den Manatees.
Was Euch da alles so begegnet unterwegs.
LG Jürgen