Dominikanische Republik – Bahamas

Von Drama und Götterspeise

Unsere unerwarteten Tage in Samana waren eine Freude. In der Marina fühlten wir uns wie Touristen auf Karibikurlaub. Den Empfang hatte ich schon erwähnt, es gab aber auch Open Air Kino und Waterfront Club Nights.

Wir lernten die Dominikaner – wie die Dominikaner in der nicht zu verwechselnden Insel Dominica – als sehr freundliche und hilfsbereite Menschen kennen. An einem Tag waren wir mit dem jämmerlichsten Mietwagen aller Zeiten unterwegs. Wir quälten uns im Fußtempo über einen Berg und oben kochte die Kiste. Zunächst war ein Helfer zur Stelle, dann ein zweiter und dritter. Und die hielten einen vorbeifahrenden Automechaniker an, der gerade mit einer Kopfverletzung auf dem Heimweg war. Wenn er sich so fühlte wie er aussah, dann gings ihm Übel. Dennoch organisierte von einem vorbeifahrenden Trucker, der umgehend von der mittlerweile locker 10 Helfer großen Gang angehalten wurde, Kühlflüssigkeit. Einfach so, weil die Leute helfen wollten. So erlebten wir die DR. Wir konnten den Tripp zu Ende fahren und uns noch einiges an überraschend gutem und bezahlbarem Proviant besorgen. Beeindruckende Menschen.

Verletzt aber er wollte helfen, DR Aussicht vom Berg

Die Marina Puerto Bahia ist ein Refugium für Segler. Es waren überwiegend Amerikaner, auf dem Weg nach Süden. Alle warteten auf gutes Wetter für die 160 nm Strecke durch die Mona Passage. Sie alle hatten ein mindestens 2-3 tägiges Crossing von den Bahamas hinter sich und luden die Batterien und Seelen wieder auf. Wissend, dass ein schwerer Teil noch vor ihnen lag. Die andere Gruppe wartete wie wir, auf das richtige Fenster nach Norden. Das war die Minderheit und eher Europäer.

Wir sind sehr froh, dass wir entgegen unseren Plänen die DR und Samana angelaufen sind und dass wir in den wenigen Tagen ein kleines bisschen eines sehr sympathischen Landes kennen gelernt haben. Ein beliebter Spruch von amerikanischen Seglern: Thanks for having us.

Zwei Tage und Nächte Offshore

Dann kam auch der Tag, an dem sich unser Wetterfenster öffnete, für ca. 50 Stunden Offshore. Zunächst mussten wir die gesamte Insel entlang, inkl. Haiti. Beide Länder zusammen haben eine Ost-West Ausdehnung von fast 650 km – das ist mehr als die Strecke von Hamburg nach München. 70 nm hatten wir schon bis Samana abgesegelt, blieben noch 320 nm (ca. 600 km) bis zu ersten Insel der Bahamas, Grand Inagua. Wir hielten einen Abstand von 10-45 nm von der Küste, um Landwinde und Fischernetze zu vermeiden. Wir segelten downwind im viele Tausend Meter tiefen Wasser.

Bei unserem Seegang war es, als ob man 50 Stunden auf einem Pferd sitzt, dass zwischendurch noch Rodeo reitet. Unser Rodeo hatten wir zu Beginn, mit über 4 m Wellen. Das nannte sich gutes Wetterfenster. Zur Aufmunterung verabschiedeten sich die Wale spektakulär von uns. Eine Flosse sahen wir 5mal an der gleichen Stelle. Das ist tatsächlich eine Wal Geste zur Begrüßung oder Verabschiedung. Ob das uns galt? Egal, es war bewegend.

Der erste Tag und die erste Nacht waren anstrengend. Wind und Wellen von hinten aus 150 Grad. Aber immer noch besser als diese Strecke in umgekehrter Richtung gegen die Welle zu gehen. Kein Wunder, dass diese Strecke der dornige Weg genannt wird. Alle Amerikaner, die den Weg gehen, haben sich schöne Tage in der Karibik mehr als verdient.

Auf unserem Weg machte sich unser letztes Upgrade, unsere Star Link Anlage sehr bezahlt. Obwohl wir sie falsch eingestellt hatten, bekamen wir laufend Wetterdaten und die hielten für Tag und Nacht 2, was sie versprachen. Der Seegang ging auf 1.5 m zurück und es wurde angenehmer. Rodeo beendet. Wir wechselten uns alle 3 Stunden mit der Wache ab und so bekam jeder von uns beiden ein bisschen Schlaf. Mehr als einmal kämpften wir darum, in der schwarzen Nacht die Augen aufzuhalten. Ab sprachen wir über Funk mit Manuela und Christian auf unserem Schweizer Buddy Boat. Man sieht sich zwar nicht, aber es ist nett zu wissen, dass dort draußen Freunde ebenfalls unterwegs sind.

Provisorisches Daybed für Crossings in der Lounge, 3 m entfernt vom Steuer

Es half ebenfalls den Schlaf zu vertreiben, dass wir mit unseren Segeln um jedes Grad kämpfen mussten. Unsere Genua ist bei ab 143 Grad vor dem Wind zur Arbeitsverweigerung aufgelegt. Und bei dem Lärm eines killenden Segels kann ganz sicher niemand schlafen. Das wollten wir vermeiden und dem anderen etwas ungestörte Pause gönnen.

Endlich Bahamas

Wie ein Zahnarztbesuch (sorry für den Vergleich Dirk) geht auch die nervigste Strecke vorbei. Im Sonnenaufgang lag Inagua Island, unsere erste Bahamas Insel. Wir warfen unseren Anker vor Mathews Town in türkisblaue Götterspeise. In 5 Meter Tiefe konnten wir die Sandkörner sehen.

Mit unserem Buddy Boat klarierten wir bei extrem freundlichen Bahamianern ein. Vorab hatten wir uns schon online angemeldet (Click2Clear) und 300 USD bezahlt. Zweimal weitere 40 USD kamen für Customs und Immigration hinzu. Das Einlaufen in die Bahamas kostet damit 380 USD für 90 Tage. Nach dem Schlafmangel der Nacht fühlte sich die Clearance ewig an. War es wohl auch, denn als ich zurück an Bord kam, hatte Ka schon eine komplette Waschmaschine Wäsche an der Reling hängen.

5 weitere Schiffe lagen vor Mathews Town, der einzigen Besiedlung der Insel. Inagua ist die zweitgrößte Insel der Bahamas. Hier leben 900 Menschen und 80.000 Flamingos. Bekannt für das angebaute „Morton“ Salt, von dem wir wissen, dass manche unserer Bekannten eine große Sache daraus machen. Wir ankern gerade neben Bergen des weißen Stoffs. Segler sagten uns, wir sollten nicht enttäuscht sein. Inagua sei noch nicht richtig Bahamas. Wenn das stimmt, dann werden wir auf den Exumas vermutlich durchdrehen. Das Meer war so unbeschreiblich klar und türkis, dass wir uns nicht erinnern konnten, in der Karibik ähnliches gesehen zu haben.

Das Korallenproblem

Am zweiten Tag verlegten wir uns 8 nm weiter nördlich in die Man of War Bay. Auf den Bahamas gibt es viele Buchten diesen namens. Es hat aber nichts mit kriegerischen Männern zu tun, sondern mit einem Übersetzungsfehler. Man O War ist ein Wort für Quallen. Aber davon gibt es bisher keine. Dafür sahen wir am ersten Schnorchelgang einen Hai vor uns flüchten, reichlich Fische und Korallen. Und mit einer solchen hatten wir dann eine unerfreuliche Begegnung.

In den Bahamas wird von der Nutzung von Navionics Karten abgeraten. Das sind die digitalen Karten, die wir verwenden. Aqua Map wurde uns empfohlen. Nach dieser Karte suchten wir uns einen Ankerplatz und das Drama nahm seinen Lauf. Wir wählten unseren Spot und warfen den Anker auf eine sandige Stelle. Wir immer tauchte Ka ab, um den Halt zu prüfen. Der Anker war geslippt und hatte sich fest in ein Koralle gezogen. Unsere Versuche ihn wieder aufzunehmen, scheiterten und wir rissen uns noch eine Rolle ab, über die die Ankerkette läuft. Wir saßen fest und das richtig. Positiv betrachtet hatten wir guten Halt.

Nun wollten wir aber sicher irgendwann wieder weg und dazu brauchten wir unseren Anker an Bord. Plan B war, dass ich mir die Tauchflasche anzog und mit Hammer abstieg. Mit dem Nachteil, dass Ka am Steuer die Rivercafe blind über mich unter Wasser hätte steuern müssen.

Plan A war es, einen Taucher zu besorgen. Nun lagen wir ziemlich abseits und keine Zivilisation erreichbar. Über Starlink können wir nur WhatsApp nutzen, kein normales Telefon. Zum Glück lag unser Buddy Boat Svala noch in Mathews Town. Wir erreichen Christian über Funk und er fragte beim Hafenmeister nach einem Taucher. Fehlanzeige, kein Taucher auf der Insel. Aber er bot an rumzufragen. Kurz vor Mittag bekam ich den Kontakt von Gurard, dem örtlichen Dieselhändler und Apnoe Taucher. Der junge Kerl kam hilfsbereit in die Bucht und stieg am Strand in unser Dinghi. Keine Taucherflasche, das machte Ka und mich sprachlos. Kein Problem, meine Gurard. Wir steuerten die Rivercafe über den Anker und mit einiger Mühe bekamen wir gemeinsam unser bestes Stück wieder frei und an Bord. Der nächste Ankerversuch in weit und breit nur Sand, lief erfolgreicher.

Gurard der Apnoe Taucher

Nun liegen wir also in türkiser Götterspeise vor Anker, weit weg von Zivilisation und gewöhnen uns an ein spektakuläres Meer. Ihr werdet die nächsten Wochen nur noch von unseren Reisen auf den Bahamas lesen, dem Reich der 700 Inseln. /Holger Binz

3 Kommentare zu „Dominikanische Republik – Bahamas“

  1. Wow, wie herrlich!
    Danke für den super Bericht! Da können wir wenigstens ein bisschen dabei sein!
    Viel Freude bei allen Erlebnissen!
    Liebste Grüße, Rike

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