TVA in Europa: erst zahlen – dann Europa

Mehrwertsteuer Handling für die EU

Die Rivercafe ist in Europa angekommen. Nach knapp 6000 km läuft die Rivercafe – nach einem Orca Angriff – heute Mittag durch die Meerenge von Gibraltar ins Mittelmeer ein.

Tatsächlich liegt das spanische Tarifa am engsten Punkt, aber die Ehre der Namensgebung hat Gibraltar.  Von den Azoren sind es ca. 1.200 nm (2.200 km) bis zur Meerenge von Gibraltar. Zum Ziel in Cartagena, sind es insgesamt 1.450 nm. Eine Strecke von 10 Tagen. Drollig, denn mit dem Flieger dauert der Weg 2.5 Stunden von den Azoren bis zur iberischen Halbinsel.

Mehrwertsteuer Handling für die EU

Erst Eintrittsgeld bezahlen

Bevor wir das Mittelmeer legal besegeln dürfen, müssen wir bei der „Einfuhr“ der Rivercafe Mehrwertsteuer zahlen. EU-Schiffe und Eigner sind mehrwertsteuerpflichtig. Die Mwst. (VAT) ist fällig im ersten angelaufenen EU-Land und wir auf den Wert des Schiffes berechnet.  Mehrwertsteuer Handling für die EU

Da die Rivercafe noch nie in der EU war, müssen wir MwSt. bezahlen. Z. B.  21 % in Spanien oder 23 % in Portugal, auf den Wert des Schiffs. Und die Abwicklung ist so quälend wie ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft. Es ist nicht unüblich, dass ein Schiff vom Zoll eines Landes „an die Kette gelegt“, also festgehalten wird, bis die Sache geklärt ist. Das kann dauern.

Unsere Alternative war, gleich nach Montenegro weiter zu segeln, denn das ist kein EU-Land. Nochmals zusätzliche 1.600 nm. Aber dann hätten wir weder Spanien noch Italien oder Griechenland anlaufen dürfen. Auch nicht in den Folgejahren. Das war keine Option. Mehrwertsteuer Handling für die EU

Der lange Weg durch die Bürokratie und mit Service Providern

Eine sinnvolle Lösung zu finden, hat mich 9 Monate Recherche und Kommunikation gekostet. Dabei wurde uns sehr viel Unsinniges und Absurdes angeboten. Viele angebotenen Lösungen, funktionierten auf den ersten Blick. Beim tiefer graben, waren sie dann letztlich teurer oder hielten den rechtlichen Anforderungen nicht Stand. Beides führt zu unerfreulichen und sehr teuren Überraschungen für die Eigner. Und wir sprechen hier über Summen im Wert zwischen Limousinen und edlen Sportwagen. Da ist kein Raum für Fehler.

Unser erster Gedanke: wir zahlen 16 % VAT an Luxembourg. Luxembourger Staatbürger, Schiff mit Luxembourger Flagge, easy peasy. Also kontaktierte ich die Steuerbehörden, die mich an den Zoll verwiesen. Dort bekam ich nach Monaten und vielfachen Nachfragen die Antwort, dass wir das Schiff „gestellen“ müssten, also in Luxembourg präsentieren müssten. Meine Frage, ob der sicher nicht schlecht bezahlte Beamte jemals einen Blick auf die Landkarte geworfen hätte, wurde mir nicht beantwortet. Wir wären garantiert das erste Schiff mit 22 m Mast in der Geschichte Luxembourgs auf der Mosel. Nach 5 Monaten Austausch war klar, Luxembourg will unser Geld nicht. Seltsam, mit unserem letzten Boot ging es problemlos und das war auch keine Minute in Luxembourg. Nun denn. Mehrwertsteuer Handling für die EU

Steuersparmodelle

Unterhaltsam waren die „Modelle“. Es gibt Firmen, die bieten Yachteigner Lösungen in Malta oder Jersey an. Man gründet eine Gesellschaft, die das Schiff übernimmt und von Privatbesitz in Corporate Besitz umwandelt. Das mag bei Megayachten interessant sein, die sind aber eh alle im Besitz einer legal Entity, also Firma. Ich rechnete die Modelle durch und kam zu dem Ergebnis, das alle Lösungen nur kurzfristig entlasten aber in unserem Fall nach 5 Jahren teurer wurden als eine VAT-Bezahlung. Viele versteckte Kosten machten die Sache für Segelyachten wenig sinnvoll. Und letztlich ist das Problem nicht gelöst, sollte man das Schiff an einen EU-Bürger verkaufen, der sich dann mit der Sache rumschlagen muss.

Ausflaggung

Sehr aktiv waren auch die Spezialisten, die Schiffe in Offshore Orten einflaggen wollten. Bahamas, Virgin Islands, Cayman, Marshall Inseln und was weiß ich noch wo. Alles coole Lösungen, die ein Schiff von der VAT befreien würden. Delaware und Florida in den USA prüfte ich ebenso. Kleiner Haken – und das sagte uns niemand: wenn die Eigner EU-Bürger sind, wird dann es in einem EU-Land zum Prüffall werden. Mehrwertsteuer Handling für die EU

Wenn man also gut gelaunt mit einer Bahamas Flagge in Griechenland einläuft und der örtliche Zöllner schlechte Laune hat, weil sein Fußballclub verloren hat, dann kann er das Schiff „an die Kette legen“ und den Vorgang prüfen. Unter Umständen kann das sehr  gemächlich verlaufen und solange kann man das Schiff nicht nutzen. Soll schon über viele Monate vorgekommen sein. Und was soll man mit einem Schiff, dass man nicht nutzen kann.

Das war uns auch zu heiß. Wir wollten eine saubere Steuerlösung, um unbeschwert EU-Länder nach Lust und Laune anlaufen zu können.

Die Lösung

Letztlich blieben uns zwei sinnvolle Möglichkeiten. Auf den Azoren, Teil Portugals und damit der EU, gilt ein Steuersatz von 16 %. Auf Malta sind es 16-18 %, auch wenn mit 5,4 % geworben wird. Das sind immerhin 5 % weniger als in Spanien. In Malta erstellt ein Gutachter die Wertermittlung. Auf den Azoren ist der Wert Verhandlungssache, es gibt keinen Gutachter. Unsere Wahl fiel auf die Azoren. Ich nahm mit den Behörden Kontakt auf und schon nach 6 Wochen bekam ich Antwort auf Portugiesisch. Das war nicht vielversprechend. Wenn auch die Abwicklung so gemächlich dauert, dann wäre die Rivercafe vermutlich im Herbst noch auf den Azoren. TVA in Europa: erst zahlen – dann Europa Mehrwertsteuer Handling für die EU

Wir fanden auf den Azoren eine richtig gute Agentur, die alles komplett abwickelte. Vorab übersandten wir Papiere, Rechnungen, Inventar und eine Wertschätzung. Wir avisierten die Ankunft und am ersten Morgen stand um 10.00 h der Zoll auf der Matte. Gegen Nachmittag hatten wir die Zustimmung und nach der Zahlung konnten wir am nächsten Tag wieder auslaufen. Wir hatten 3 Tage eingeplant und waren stattdessen nach einem Tag abgefertigt. Eine perfektere Lösung hätten wir uns nicht vorstellen können.

Kurz später waren die Originalpapiere auf dem Postweg. Und nun liegt eine steuersorglose Zeit im Mittelmeer vor uns. Wer diese Kontakt haben möchte, kann sich gerne an mich wenden.

Somit kann unsere Mittelmeer Saison in zwei Wochen beginnen. Vermutlich mit reichlich Instandsetzung nach einem manchmal fiesen Nord Atlantik Crossing. / Holger Binz

2 Kommentare zu „TVA in Europa: erst zahlen – dann Europa“

  1. Willkommen im Mittelmeer 🙂
    Darum haben wir zähneknirschend unsere MwSt sofort bezahlt, aber eben auch nicht in Luxemburg, denn da werden die Boote auf die gleiche Weise angesehen wie Sportflieger.. ja und der kann halt ohne Probleme in Luxemburg landen und von einem Zollbeamten begutachtet werden… ein Segelboot halt nicht… wir haben auch nur kopfschüttelnd auf den ganzen lux Bürokram reagiert und wie du gesagt… ja, wenn der lux Staat das Geld nicht will… Pech! Wir wünschen euch eine schöne Saison im Mittelmeer.
    Raymonde und Guy

  2. Na, da habt Ihr es ja zum Ende hin doch gut & etatschonend gebacken bekommen, das freut mich.
    Orcas? Da kommt hoffentlich noch ein Bericht!
    Herzlich, Tom

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