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Extremer Segel Kontrast: Cat und Mono in einem Monat

Kann ein Unterschied größer sein?

Vorwort von Karin: Speed ist Dein Freund.

Als ich Holgers Artikel gelesen habe, dachte ich: Also da fehlt ja förmlich ein erklärendes Vorwort. Sagen wir: das Setting. Es ist nämlich so, dass Holger sehr „speedaffin“ ist. Ende der 80er fuhr er Rennen und war Kartmeister in Deutschland. Auf der Straße ging es ihm immer zu langsam und selbst beim Surfen, Skifahren, ja sogar auf dem Stand-Up Board legte er Wert auf Schnelligkeit.

Nach unserer Atlantik-Überquerung und einem langsamen Jahr in der Karibik, kehrte ein wenig Ruhe in sein rasendes Herz. Das Segeln hat ihn verändert. Er liebt es lange aufs Meer zu schauen. Ob wir 5 oder 9 Knoten Speed machen ist ihm in Grunde egal. Für Holger hat segeln viel mit Ruhe und Achtsamkeit zu tun. Er betrachtet (ausgenommen von Profisegeln) Segeln als eine Art Meditation. Und dann das./KB

 

Mehr Kontrast geht nicht.

Wer ein Schiff besitzt, hat viele Freunde mit Segelyachten. Im September hatte ich die Gelegenheit gleich zwei Freunde auf Törns zu begleiten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Die erste Reise ging von Tunesien nach Frankreich auf einem Outremer 5X Katamaran, einem neuen 59 Fuß Carbon Performance Kat. Der zweite Trip war anschließend das Einsegeln einer ebenfalls neuen 16,25 m langen Hanse 548 um Mallorca – und für mich back to the roots zum Monohull und Hanse.

Outremer baut bekanntlich die X Serien für Eigner, die unter allen Bedingungen gerne schnell ankommen. Die Kats sehen nicht nur chic aus, sie bewältigen auch prima schwerere Bedingungen. Speed steht vor Komfort. Hanse ist vermutlich das genaue Gegenteil, vor allem bei den neuesten Modellen, die den Komfort noch deutlicher über das Segeln stellen, als bei unserer ehemaligen Hanse 505, der Vorgeneration.

Dann mal los. Die Outremer segelten wir nie unter 6 Bft Wind, meist bei 8 Bft zwischen 35 und 40 Knoten am Wind, Kurs Nord von Tunis und östlich entlang Sardinien und Korsika. Ab Cap Corse westlich mit raumen Winden bei Dauerregen und beachtlicher Welle nach La Grande Motte. Das Geschoß brachte es dabei auf 26 Knoten Speed und das mit dem 2. Reff im Groß. Aber auch bei den Am Wind Strecken lief der Kat um die 15 Knoten. Mir kam die Welle gegen an extrem kurz und unangenehm vor, aber das lag mehr an unserem Schiffsspeed als am Mittelmeer. Milch an Bord wäre zu Sahne geschlagen worden. Ab 15 Knoten Speed gab’s auch noch 89 db Lärm auf die Ohren.

Die Kräfte auf das Carbon Rigg und die Rümpfe waren spektakulär, aber kein Problem für die 5X. Eine auf einem anderen Schiff normale Baumbremse (Preventer) sah allerdings so unterdimensioniert aus, wie ein Fahrradreifen an einem Rennwagen.  Ich schätze bei dem Schiff ist normalerweise die Crew das schwächste Glied. Aber nicht so bei uns, denn die formidable Crew mit Profi Jean Pierre Balmes und Jerome, dem erfahrenen Eigner, hatten die Sache – oft triefend nass – bestens im Griff.

Meine Dusseligkeit war leider, dass ich nicht mit Starkwind- und Nasssegeln gerechnet hatte und keine Schwerwetter Klamotten dabei hatte. Ohne die geht aber nichts, denn der Rudergänger hat auf der 5X keinen Schutz und wird ständig abgespült und eingesalzen. Ich war überrascht, dass ein Schiff in der 2 Mio. plus Preisklasse davon ausgeht, dass der Rudergänger wasserfest ist. Offen gestanden meide ich die roten Bereiche in den Wettercharts, wenn ich der Skipper bin. So nicht die beiden.

Nach 3.5 Tagen und Nächten hatten wir die Strecke hinter uns gebracht. Ein tolle Erfahrung, aber ich war froh als es vorbei war, obwohl Speed in meiner Natur liegt. Mein Freund und Profi Segler Jörg Riechers sagte mir mal vor meinem ersten Atlantik Crossing: „Speed ist dein Freund“. Aber 26 kn Geschwindigkeit machen das zu einem Erlebnis von einem anderen Stern. Es ist beeindruckend schneller zu sein als ein Kreuzfahrtschiff. Aber es ist sehr laut, die Schläge sind hart und das Komfortlevel sinkt auf Frosttemperaturen, weil die Technik Priorität hat. Aber das ist es vermutlich, was die Eigner der Performance Outremer anzieht. Speed über Komfort.

Das komplette Gegenteil war dann mein zweiter Trip im September, eine Woche später. Unser Schweizer Freund Walter ist stolzer Eigner einer neuen Hanse 548, die noch mit viel Aufwand aufgerüstet wurde. Er lud uns ein, das Schiff gemeinsam um Mallorca auszutesten. Ich hätte nicht gedacht, dass ich nochmals eine Hanse segeln würde. Wir hatten entspanntes Segelwetter mit maximal 18 Kn Wind (5 Bft), was die Hanse immerhin in 8 kn Speed am Wind umsetzte. Die zu segeln war völlig komfortabel und nusstrocken. Mein Klamottenproblem war gelöst und das war entspanntes Urlaubssegeln.

Obwohl 1,50 m kürzer und 3 m schmaler als die Outremer, bietet die Hanse gefühlt einen größeren Lebensraum an Bord und deutlich mehr Komfort. Ein prima Schiff um in Küstennähe zu segeln und in Buchten zu ankern. Schön und komfortabel. Auch bei schlappen Winden um 6 kn, lief die Hanse 4-5 Kn mit einem Code 0, das fand ich stark.

Das Judel/Vrolijk Rumpf Design ist mal wieder richtig gut. Was Hanse aber sonst designt, macht das Schiff noch weniger Offshore fähig, als unsere alte Hanse 505. Der Loft-Salon ist ein Flugplatz für die Crew und bei starkem Seegang Arbeitsbeschaffung für Ersthelfer. Blaue Flecken und Prellungen sind offshore garantiert. Die angebrachten Griffleisten eignen sich eher zum Trocknen von Handtüchern, als zur Sicherung der Crew unter Deck. Die Standard Selbstwendfock ist auch viel zu wenig für das fast 20 t Schiff, ein zweites Vorsegel – mind. eine Genua – ist unverzichtbar.

Das macht auch den Listenpreis von 375.000 € so lächerlich. Zusätzlich 50 % für dringend notwendige Extras sind vermutlich das absolute Minimum, damit man halbwegs sinnvoll segeln kann. Zum Blauwasser Segeln braucht es noch deutlich mehr. Vom Konzept ist die Hanse primär ein Appartement auf dem Wasser. Liveaboards müssten noch richtig viel investieren, damit daraus ein Blauwasserschiff wird. Aber wer sich für eine Hanse dieser Generation entscheidet, will vermutlich eh nicht um die Welt.

So unterschiedlich die Schiffe auch sind, im Service für die Eigner ist Outremer der 10:0 Sieger. Hanse macht nach meiner Meinung immer noch den großen Fehler, den Service und die Kundenbeziehungen ausschließlich den Händlern zu überlassen. Das schadet der Marke und verhindert Verbesserungen. Ich habe Erfahrungen mit drei Hanse Händlern gemacht und die waren alle miserabel im After Service und technisch wenig kompetent. Während sich bei Outremer die Werft selbst vorbildlich um technische Probleme bei den Schiffen kümmert – und auch aus allen Fehlern lernen will – schiebt das Hanse an die Händler ab und will keinen Kundenkontakt. Die Händler haben einen Prozentsatz, mit dem sie Mängel in der Garantiezeit selbst regeln müssen. Das verringert die Motivation und wenn, wie in meinem Fall bei unserer alten Hanse 505, 50 Mängelpunkte bei einem Neuschiff anfallen, stößt man schnell auf eine gewisse Widerborstigkeit.

Aber jedem das seine. Vielleicht liegt`s auch daran, dass der Outremer Chef Stephane selbst mit einer Outremer den Atlantik überquert hat und weiß was ein Offshore Eigner braucht. Es sind einfach zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. / Holger Binz

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