Reisevorbereitungen in Zeiten von Corona
Eine magische Zahl. In 100 Tage übernehmen wir die „Rivercafe“ und unser full-time Seglerleben beginnt. Ka zählt die Tage, bis wir Luxembourg verlassen, das sind 16 weniger. Theoretisch. Denn dann kam dieser dämliche Corona Virus. Unsere Vorbereitungen laufen dennoch wie geplant weiter, wenn auch holpriger. Die Pandemie trifft uns zu einem Zeitpunkt, an dem schon sehr viel erledigt ist. Wir hoffen nun darauf, dass sich die Lage in den nächsten 2-3 Monaten wieder entspannt und sich die Welt wieder bewegen wird. Für uns wäre es ein schlimmer Albtraum, wenn wir nicht wie geplant Mitte Juni abreisen könnten. But lets stay positive.
Und es gibt kein Zurück mehr, denn unsere Kaffeemaschine ist schon weg. Sie und ihr Kumpel der Thermomix sind auf dem Weg nach Kapstadt. In Gesellschaft von 20 Kisten, die unsere britische Shipping Company bei uns in Luxembourg abgeholt hat und nach Kapstadt verschifft. Da hatten wir richtig Glück, denn der Truck verließ Luxembourg 3 Tage, bevor die Grenzen wegen Corona dicht gemacht wurden.
Wenn alles halbwegs normal läuft, lagert bereits alles im Zoll in Südafrika wenn wir ankommen und wartet auf den Transport zur Rivercafe. Die Jungs vom Zoll werden bis zu 2 Wochen hart an den Stempeln arbeiten, ist ja immerhin alles persönliches Zeugs im Transit. Ich hoffe es geht schneller – es geht um Bedeutendes wie guten Kaffee morgens an Bord.
In den 100 Tagen seit meinem 200 Tage Bericht ging`s richtig ab. Wir haben unser Haus verkauft, Auto und die ersten Möbel. Täglich klingelte jemand und holt Dinge ab, die wir bei Ebay Kleinanzeigen anbieten. Sieht aus wie eine neue, vielversprechende Karriere als Krämer. Also wenn jemand von Euch etwas braucht, fragt uns einfach. Ein ganzer Hausstand steht bereit, Tendenz stark abnehmend. Corona sorgt aber auch bei uns, wie in der Weltwirtschaft, für zunehmende Absatzprobleme.
Ansonsten stand viel Bürokratiekram an. Wir haben Pässe verlängert, VISA beantragt, frische Kreditkarten geordert und Gelbfieber geimpft, wie es manche Länder fordern. Eine Krankenversicherung bekommen wir in Luxembourg nicht. Dazu ist Luxembourg offenbar zu klein. Aber es gibt ja auch noch andere Länder.
Für die „Rivercafe“ haben wir uns Fender machen lassen und richtig coole Crew Shirts produziert. Die Yacht Chandler in Cape Town kennen uns schon. Denn alles was geht, ordern wir dort bei local suppliers. Wie freue ich mich auf eine Davits, damit das Dinghi Gefummel eines Monohulls endlich endet. Und deshalb haben wir ein ordentliches Dinghy bestellt, dazu einen symmetrischen Spinnaker in Luxembourger Farben geordert und noch einiges in den Orderlisten abgearbeitet. Alle Flüge sind gebucht und wir hoffen, das sie auch starten werden. Die Anzahl der Haken in unseren Checklisten wird flächenfüllend. In aller Bescheidenheit würde ich sagen, wir haben logistische Meisterwerke vollbracht, den Cape Town ist nicht um die Ecke. Es ist unfassbar viel zu regeln.
Am 25. April veranstalten wir einen Garagenflohmarkt – so Corona will. Und dann endet auch die Krämer Karriere wieder. Uns bleiben dann nur noch wenige Wochen in unserem zukünftigen Ex-Haus. 12 Jahre haben wir in diesem Traumhaus gewohnt und jeden einzelnen Tag genossen. Welch` wärmende Erkenntnis. Allerdings ernten wir immer noch verstörte Blicke wenn wir erzählen, dass wir das aufgeben um durch die Welt zu schaukeln.
Nach der Haus Übergabe wollen wir nach Ägypten fliegen, wenn der Virus gnädig ist. Es wird Zeit einen Makel in unserer Seglervita zu beseitigen: wir lernen tauchen. Die Theorie haben wir in den grauen Tagen schon online erledigt. Am 29.6. fliegen wir dann von Frankfurt nach Kapstadt. Oneway Flüge haben etwas Magisches, was Definitives. Das Glas Champagner vor dem Start wird den Anlass besonders würdigen, das wir Luxembourg und Europa hinter uns lassen.
Wenn wir in Südafrika ankommen, ist es Winter. Das ist zwar relativ, aber bei 15 Grad brauche ich definitiv was Warmes und Decken in der Nacht. Wir werden zweieinhalb Monate in Kapstadt verbringen, bevor wir zum 6.000 nm langen Crossing in die Karibik losmachen. Die Zeit brauchen wir um das Schiff einrichten, hoffentlich wenige Mängel zu beseitigen und uns mit der „Rivercafe“ vertraut zu machen. Nach dem Shakedown haben wir einen Coach geheuert, der mit uns ein paar Trainingsfahrten macht, auch dorthin wo es keinen Spaß macht. Ich hoffe die Seebeine wachsen uns schnell wieder. Zwischendurch werden wir noch eine Safari machen – wenn wir schon mal in Afrika sind – und kurz nach Europa zurück fliegen um uns endgültig von der Familie zu verabschieden. Ich denke, wir werden die Zeit in Kapstadt genießen. Wir kennen die Stadt ein bisschen und freuen uns auf den Alltag bei den Capetonians.
Und ganz besonders freuen uns, dass wir eine tolle Crew für unsere Jungfernfahrt haben. 3 + 1 Freunde werden uns begleiten und mit einer 4/5er Crew wird jeder genug Schlaf auf den geplanten 35 Tagen und Nächten auf See bekommen. Jana hat eine Minute nach dem Kauf der „Rivercafe“ zugesagt – nun wird’s was mit ihrem Traum vom langen Crossing. Auch Ute und Hermann sind Freunde und TransAt(lantic) erfahrene Kat Segler. Sie begleiten uns bis Brasilien. Wir kennen uns von unserem ersten Crossing. Die beiden waren eines der wenigen Schiffe der Barbados 50 Rallye, die überhaupt keine Probleme auf der Atlantiküberquerung hatten. Ich hoffe, dass bringen sie mit auf die „Rivercafe“. In Brasilen steigen die zwei dann noch auf der Südhalbkugel vor dem Äquator von Bord und mit Toni ein anderer Freund für das Äquator crossing und die letzten 2 Wochen nach Barbados ein. Toni wartet selbst auf seinen neuen Kat.
Wir haben also nicht nur gute Segler an Bord, sondern auch gute Freunde. Die gleiche Wellenlänge ist erfreulich für eine schöne gemeinsame Zeit und gute Gespräche – vor allem bei einer solch langen Distanz und 2 gemeinsamen Monaten an Bord.
In den nächsten Tagen bekommen wir unsere Schiffsdaten und ich kann dann die Einflaggung und Funkfrequenzen beantragen. Dann gibt’s endlich wieder einen weiteren „rouden Léiw“ – roter Löwe, der Name unserer coolen Handelsflagge – auf den Weltmeeren. Im AIS Tracker (damit kann man die Position von Schiffen weltweit verfolgen) werden wir mit „Rivercafe“ das einzige Schiff auf der Welt mit diesem Namen sein.
Unsere letzten 100 Tage werden sicher stärker von Corona geprägt sein, als wir uns wünschen. Wir werden die Zeit in einem ständig leerer werdenden Haus verbringen und die Zeit nutzen, uns von Freunden und Familie zu verabschieden. Hoffentlich eher persönlich, als digital, so der Virus will.
Der Rest wird Bürokratie und packen. Es ist überwältigend, dass es bald los geht, unsere Weltreise. Ich erinnere mich, als ich eine 830 in den Dampf meiner Dusche geschrieben habe, der Anfang eines unerträglich langen Countdowns, der nun bald ein Ende hat.
Liebe/r Leser/in, bleibt gesund und gut gelaunt. / Holger Binz
Great to hear Ute and Hermann will be on board. Fountaine Pajot have shut down their factory so our boat is delayed to who knows when. We have packed up 60 boxes from La Mischief so we win 🙂 Who knew you could have so much stuff on board.
Hallo
Ich hoffe wirklich dass eure Pläne nicht total aus dem Ruder laufen wegen der Coronakrise jetzt. Unsere Pläne sind auf jeden Fall jetzt total über Bord geworfen worden. Keine Chance jetzt mit Adesso aufzubrechen. Alles bis ins letzte Detail im Vorfeld geplant und jetzt Coronanotstand 🙁
Wir hoffen, genau wir ihr, dass dieser Ausnahmezustand keine mehrere Monate anhällt! Das wäre schrecklich. Wir drücken euch und uns die Daumen, dass das Ganze sich bald wieder normalisiert.
LG
Raymonde & Guy