Alaska Teil 1

Land der Wale, Bären und des Grauen

Ka und ich sind Warmwettermenschen. Deshalb werden wir die Rivercafe niemals in die kalten Weltregionen des Nordens oder Südens segeln. Zu kalt und zu grau für uns. Mal abgesehen von den oft ungastlichen Winden und respekteinflößenden (kalten) Wellen. Aber besuchen wollten wir Alaska dennoch unbedingt.

Angeregt von einem Alaskaner (oder Alaskanesen?) uns zu beeilen, wenn wir noch vereiste Gletscher sehen wollten, buchten wir nach unseren zwei Monaten in Europa einen Trip nach Alaska. Wir flogen 10 Stunden nach Seattle und bestiegen ein Schiff. Ein Kreuzfahrtschiff. Das ist eine der wenigen Möglichkeiten in die Glacier Bay und andere seitlich gelegene Orte zu kommen. Und ich gestehe, dass wir auch den Nebeneffekt sehr genossen: gefahren zu werden und sehr luxuriös versorgt zu werden.

Fast 900 nm nördlich von Seattle, bei 58 Grad N, tauchten wir in eine fantastische graue Welt. Nach den üppigen Farben der Karibik, mussten wir unsere Farbwahrnehmung neu kalibrieren. Ich sah noch nie so viele Farben Grau.

„Sommer“ in Alaska

Sonnencreme und Shorts sind in Alaska so unnötig, wie Handschuhe und Schal in der Karibik. Wir kamen gerade so über die Runden, mit unserer gesamten warmen Kleidung, die wir auf der Rivercafe ganz weit unten verstaut hatten. Das Wort „Sommer“ hat in Alaska eine andere Bedeutung als in unserem Wortschatz. 12 Grad, kilometerhohe Wolken, sehr selten Sonne und sehr viel Regen – das ist der Sommer in Alaska. Sogar meine Solar-Armbanduhr lief schnell im Sparmodus, weil sie keine Sonne sah. Das sei aber normal, sagten uns die Einheimischen. Die vier Jahreszeiten seien Regen, viel Regen, ganz viel Regen und Winter. Dafür ist die Luft klar und erfrischend, wenn nicht irgendwo ein Feuer brennt.

Abgesehen vom Wetter ist Alaska spektakulär. Dichte Wälder wachsen bis ans Ufer, die Buchten sind zahlreich und es fühlt sich an, als ob viele Orte noch nie von einem Menschen betreten wurden. Vermutlich ist das auch so, denn es gibt unglaublich viel Natur und bemerkenswert wenig Menschen. Zahllose Wasserfälle, die an anderen Orten Touristenattraktionen wären, stürzen überall unbeachtet in die Tiefe. Eisschollen treiben umher und man muss nur einen Moment genau hinsehen, um eine große Vielfalt wilder Tiere zu sehen.

Auf unserer Reise besuchten wir Städtchen, Orte mitten in der Wildnis und einsame Natur. Über 70% Alaskas sind Naturschutzgebiet und mit dem Tongas National Forest hat Alaska den größten Wald der USA.

Icy Straight, Ka`s Alaska Kleidung, Juneau Waterfalls

Glacier Bay

Als unser Schiff zu unserem Höhepunkt der Reise in die Glacier Bay abbog, hatten wir leider ganz besonders graues und nebliges Wetter. Schiffe können in der Glacier Bay nicht anlegen und so fährt man viele spektakuläre Stunden durch die unterschiedlichen Arme (Inlets) der Gletscherbucht. Naturpark Ranger an Bord, erklärten was sehen war. Und trotz des nebligen Wetters war es magisch die wenigen verbliebenen Eiszungen zu sehen, die unaufhaltsam ins Meer drängten. Auch ohne Sonne scheinen sie bläulich, begleitet von einer unbeschreiblichen Palette von Grautönen.

Gletscherimpressionen

In freier Wildbahn sahen wir Grauwale und zahlreiche Buckelwale durchs Wasser gleiten, Wasserfontänen blasend, um dann mit einem eleganten Flossenschlag abzutauchen. Wir beobachteten putzige Seeotter, die sich auf dem Rücken liegend ihre Bäuche rieben. Seelöwen, Seehunde, Adler und andere Greifvögel düsten um uns herum. Wir schauten Lachsen zu, die sich mühsam Flüsse hochquälten, um ihren letzten Laich zu legen. Zur Freude der gesättigten Braunbären, die uns ignorierten, ebenso wie die Schwarzbären und das Damwild. Schwarzkopf Seeadler umkreisten unser Schiff. Es lebt eine reiche und imposante Tierwelt, in dieser kalten, grauen Natur.

Wale, Bären und Lachse

In der geschützten inneren Passage Alaskas, ist das Wasser so glatt und still, wie wir Meerwasser noch nie erlebt haben. Diese Stille war vollkommen, einzig unterbrochen durch das Nebelhorn unseres Schiffes. Ab und zu krachte es brachial in einem Gletscher, wenn das Eis kalbte.

Klimawandel live

In dem klaren und kalten Eismeer gedeihen Unmengen von Kelp. Diese meterlangen Unterwasserpflanzen binden ein Mehrfaches an CO2, verglichen mit Bäumen. Das genügt aber nicht annähernd, um den Klimawandel zu bremsen. In der Glacier Bay Region, haben sich die Eismengen seit 1950 um 50 % verringert. Der Rest wird deutlich eiliger verschwinden. In Alaska steigen die Temperaturen doppelt so schnell, wie im Rest der Welt. Und das Abschmelztempo steigt weiter. Tatsächlich sahen wir nur noch wenige Eisflächen. Uns fehlte der Vergleich, aber die Kenner beschrieben uns die weiten Eisflächen der Vergangenheit.

Wenn es nicht so kalt und grau wäre, würde ich das Revier um die Icy Straight und den vielen Inlets zu den schönsten Segelrevieren der Welt zählen. Das Wasser ist spiegelglatt und soll selten anders sein. Man könnte Wochen zwischen den Inseln umhersegeln und würde keinen Menschen treffen. Die Natur ist ohrenbetäubend still. Auf dem glatten Meer hört man nur ab und zu einen Wal blasen. Im Wald kreischen mal Adler oder es knackt im Unterholz. Die Stille ist Balsam für die Seele. Diese sensationell schöne Natur kann aber vermutlich nur deshalb so besonders sein, weil das schlechte Wetter Menschen fernhält. Es Ist mal kein Reiseziel um die Ecke. Und wenn die Gletscher geschmolzen sind, wird eh alles anders. Vielleicht ist Alaska in 100 Jahren die neue Karibik.

Whale watching deluxe

Auf dem Rückweg nach Seattle liefen wir zwischen Vancouver und Vancouver Island durch die Salish Sea. Wir konnten unseren Bug Balkon nicht mehr verlassen, so viele Buckelwale und Orcas (zählen zu Delphinen, nicht zu Walen) turnten und sprangen vor unserem Schiff durchs Wasser. Whale watching deluxe.

Wir sind dankbar, dass wir noch ein bisschen echtes Alaska erleben durften. Diese graue Farbenpracht und Stille, werde ich sicher nie vergessen. Einen größeren Kontrast zur Karibik kann es wohl kaum gehen. / Holger Binz

2 Kommentare zu „Alaska Teil 1“

  1. Einfach nur traumhaft und so schade, dass die nächsten Generationen diese wunderbare Landschaft und Tierwelt wahrscheinlich leider so nicht mehr erleben kann. Genießt eure Zeit dort…
    Liebe Grüße
    Ulrike

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