Alaska Teil 2

Von Städten und Menschen

Im Jahr 1867 kauften die USA Russland Alaska für 7 Mio. Dollar ab und machten daraus den 49. Bundesstaat der USA. Umrahmt von Kanada. Wir waren auf dieser Reise zweimal in Kanada, einmal fast unbemerkt. Die Grenzstationen beider Länder können auch mal 17 km entfernt liegen, wenn die steilen Berge keinen Platz für unvermeidliche Grenzhäuschen lassen.

Es tut so gut in ein Land zu kommen, dass man nicht von Kolumbus “entdeckt” wurde. Natürlich lebten in Alaska schon immer Menschen, vor allem die Natives, Indianer der Haida und der Tlingit im Südwesten. Deren Kultur und Kunst ist omnipräsent. Ka war völlig begeistert von dem Design der indianischen Kunst und den Totems, die an jeder Ecke zu sehen sind. Und erfreulicher Weise, betreiben die Natives auch viele Einrichtungen selbst, z. B. Icy Straight Point. Von alten russischen Spuren konnten wir nichts entdecken.

Alaska ist der größte US-Bundesstaat, aber mit der geringsten Bevölkerungsdichte. 735.000 Menschen starren in das fast tägliche Grau. In manchen Orten gibt es mehr Bären als Menschen. Für den kurzen Sommer kommen viele Saisonarbeiter, die sich auf das Saisonende im Oktober freuen, um irgendwo anders wieder Sonne zu sehen.

Schneeräumer, Nichtraucher Feuer, Lachsfluß in Ketchikan, Totem

Nur für die Harten

Um hier zu überleben, bedarf es einer besonderen Geisteshaltung. Es ist fast immer grau, regnet viel und die Tage im sehr langen Winter haben über Monate nur bis zu 4 Stunden Tageslicht. Ganz im Norden bleibt es sogar monatelang dunkel. Überschwängliche Lebensfreunde ist hier schwer zu finden, dafür aber sehr freundliche Menschen. Nichts fühlt sich nach 2022 an. Die Kneipen heißen noch Saloons und hier haben Jeeps und SUVs tatsächlich eine Existenzberechtigung. Für Wasserflugzeuge gibt es spezielle Anleger am Stadtrand. Ein wärmendes Feuer ist wichtiger als eine gute Internetverbindung. (deshalb schreibe ich auch erst jetzt 🙂

Die reiche Natur bestimmt das Leben. Am Waldweg steht dann auch mal ein Hinweisschild, das man mit Bären rechnen sollte. Das ist Alltag in Alaska. Zur Wanderung in die Wälder oder zum Fischen, nimmt man halt eine Waffe mit – mindestens aber Pfefferspray. Um sich die Bären und Wölfe vom Leib zu halten. Wenn Bären mal nicht hungrig sind, dann wollen sie spielen. Beides geht für Menschen nicht gut aus. Die Menschen besitzen Waffen, weil die Natur gefährlich sein kann. Nicht hauptsächlich, um auf ein antiquiertes Recht auf Waffenbesitz zu bestehen. Allerdings die Grenzen im eher konservativ republikanischen Alaska fließend. Man sieht schon einige „MAGA“ und „Brendon“ Sticker.

Auf keinen Fall darf man vergessen, dass hier mit der ultrarechten Sarah Palin eine Gouverneurin gewählt wurde, die bei einem Wettbewerb der dümmsten Menschen jederzeit ausgezeichnete Siegchancen hätte. Bei der kürzlichen Kongress Nachwahl, verlor die Klimawandel-Leugnerin Palin aber gegen die Demokratin und erste indigene Senatorin Mary Peltona. Um die Menschen in Alaska wirklich zu verstehen, braucht es sicher mehr Zeit.

Impressionen vom White Pass

Goldrausch

In den kleinen Städtchen hat man das Gefühl, das gleich Jack London um die Ecke kommt und seine Geschichten vom Goldrausch erzählt. In Skagway leben heute 1.000 Menschen. Ein Hundertfaches war es vor 120 Jahren, als Skagway das Zentrum der goldschürfenden Glücksritter war. 100.000 Menschen kamen hier an, um sich auszustatten und weitere hunderte von Meilen durch schroffe Berge zum Klondike River weiterzuziehen. 40.000 schafften es nach Yukon und dabei mussten sie 1.000 KG Gewicht mitschleppen, sonst hätten die kanadischen Mounties ihnen den Zugang nach Kanada verwehrt. 30-40 Male mussten so viele den brutalen Weg durch die Berge ertragen. Bei Regen, Schnee und Kälte – unvorstellbar. Um die Jahrhundertwende wurde dann in 3-4 Jahren eine Eisenbahnlinie durch die unzugänglichen Berge gebaut, um den Weg zum Klondike River und nach Yukon zu vereinfachen. Heute wird die Bahnlinie nur noch für Touristen genutzt. Wir fuhren mit und konnten verstehen, wie hart diese Zeit tatsächlich gewesen sein muss. Und wie verzweifelt die Leute damals waren, um diese unmenschlichen Strapazen zu ertragen. Nur 1 % der Schürfer fand Gold Nuggets und noch weniger konnten sich den Traum von Reichtum erfüllen.

Städte und Dörfer

Wenn man heute Skagway besucht, sieht man immer noch Häuser, die aus der alten Zeit stammen könnten. Vor den Saloons gibt’s heute Parkplätze statt Pferde Balken. Die Hauptstraße ist asphaltiert, aber es braucht wenig Phantasie um sich alles verschlammt und verraucht vorzustellen. Mit Goldschürfern, die ihre Streitigkeiten mit Colts klärten. Jack London war übrigens tatsächlich in Skagway und auch am Yukon.

Die Städtchen in Alaska liegen meist am Wasser und eigentlich sind sie so einfach und unaufgeräumt, wie man sich das vorstellt. Sitka ist die siebtgrößte Stadt Alaskas, 8.500 Menschen leben entlang des Ufers. Für die Wasserflugzeuge gibt es Schwimmpontons, die Boote sind meist aus Aluminium und Eile gibt es nicht. Seelöwen und Otter schwimmen wie normale Einwohner durch das Hafenbecken. Das Leben ist nicht nur einfach, sondern auch teuer. Ein neu gebautes Holzhaus in Sitka kostet 500.000 USD. Kein Schnäppchen für einen Ort am Ende der Welt. Hier zieht sicher niemand hin, um sparsam zu leben.

Juneau ist die drittgrößte Stadt Alaskas mit 30.000 Dauerberegneten. Hier durften wir ein besonderes Beispiel alaskanischer Resilienz erleben. Stephen erschuf einen “Glacier Garden”. Ein riesiges Areal eiskalten und dauernassen Waldes, das gleich an den Tongass Nationalwald anschließt. Trotz Immerregens und Winden bis zu 200 Meilen bepflanzt Stephen jedes Jahr seinen Wald neu. Sisyphus reloaded. Das Highlight von Juneau ist der Mendenhall Glacier, der schönste Gletscher unserer Reise ergießt sich in einen See.

Ketchikan ist die Lachs Hauptstadt der Welt und die Stadt Nordamerikas mit den meisten Regentagen, 360 sind es im Jahr. Wir Glückskinder erwischten einen der fünf guten Tage, sogar mit etwas Sonne. Mitten durch das charmante Städtchen strömt ein wilder Fluss, durch den sich die Lachse die reißende Strömung hochkämpfen. Wenn die wüssten, dass es überall auf Ihrem Weg geräucherten Lachs zu kaufen gäbe. Immerhin sorgen sie auch für satte Bären in den Wäldern, die dann die Einwohner in Frieden lassen.

Den letzte Stopp unserer Reise legten wir in der Hauptstadt des Kanadischen British Columbia ein. Victoria liegt witziger Weise auf einer Insel und ist nicht per Straße mit dem Festland verbunden. Vancouver Island ist fünfmal so groß wie Luxembourg, hat aber ungefähr die gleiche Einwohnerzahl. Und sogar die Hauspreise sind vergleichbar. Victoria ist eine Traumstadt. Wir mochten die Stadt von der ersten Minute. Tolle Gebäude, schön gelegen und mit einer Kneipenkultur vom Allerfeinsten. Da müssen wir unbedingt nochmals hin.

Victoria at night

Unsere Zeit in Alaska war wie immer zu kurz. Aber wir durften viel erleben und bekamen einen kleinen Einblick in ein Leben, dass völlig anders ist. Froh das erlebt zu haben, war es aber wunderbar, sich abends auf dem Schiff wieder richtig aufzuwärmen. Jetzt machen wir uns jetzt erst mal wieder auf den Weg in die gewöhnlicheren USA. Wir verbringen noch ein paar Tage in Seattle und werden dann Freunde in Miami besuchen. Unsere Reise geht weiter. / Holger Binz

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