Abschied von den Virgin Islands
Nach zwei schönen, aber ungewöhnlich windigen Monaten auf den Virgin Islands, wurde es Zeit aufzubrechen. Die Spanish-, American- und British Virgin Islands sind wunderbare Inseln sind die mühsame An- und Abreise wert.
Unser Zeitplan erwartete uns Anfang April wieder in St. Martin. Die Strecke ist im direkten Weg ca. 85 nm lang (157 km) und geht genau gegen Strömung und Wind aus östlichen Richtungen. Das macht es zu einer mühsamen Strecke und zum unangenehmst-möglichen Kurs für einen Katamaran. 14-15 Stunden lang gegen Wellen und Wind, machen die Sache ziemlich salzig. Die Tagesstunden genügen nicht und deshalb muss die Nacht her.
Auf dem Hinweg (SMX – BVI) – der sich mit Rückenwind segeln lässt – sind wir im späten Nachmittag aufgebrochen und ab 19.00 h blind durch die Nacht gesegelt. Zum Sonnenaufgang lagen die BVI vor uns. Für den Rückweg wählten wir die Alternative: Start um 3.00 h morgens in stockdunkler Nacht in Copper Island, um bei Tageslicht gegen 17.00 h anzukommen.
Suche nach dem Wetterfenster
Ohne Sterne und Mond kann man sich das Nachtsegeln so vorstellen, als ob man mit einem Auto ohne Licht über eine freie Fläche fährt und nur nach dem Navigationssystem steuert. Wie tröstlich ist es dann, wenn man Sterne oder den Mond sieht – oder ein Navigationslicht eines anderen Schiffes am Horizont.
Mehr als eine Woche beobachteten wir die Wettervorhersage, um einen Tag mit möglichst wenig Wind und flacher See zu erwischen. Zu unserem Glück brauchten wir keinen aktuellen C19 Test für die Einreise ins französische St. Martin. Das gab uns die Flexibilität, den Abreisetag ausschließlich nach dem Wetterbericht zu festzulegen. Eine große Erleichterung. Am Montag war es so weit. Windy und PredictWind prognostizierten mit 1.2 m die kleinste Welle für 2 Wochen und mit 16 kn (5 Bft) den schwächsten Gegenwind. Montag, das war unser Fenster. Und es sollte sich zeigen, wir erwischten das einzige für Wochen.
Nach einem erfolglosen Versuch bei den mürrischen und unfreundlichen BVI Zoll/Immigration Beamten samstags auszuklarieren, gelang es dann am Sonntag und wir bekamen die hochheiligen Formulare und Stempel.
Der Anker klemmt
Wir hatten aber noch eine fette Nuss zu knacken. Zwei Tage ankerten wir schon in der Trunk Bay, gleich neben „The Baths“ in Virgin Gorda. Der Segelbuchpabst für die Karibik, Chris Doyle, lobt den guten Ankergrund in der romantischen Trunk Bay. Das ist totaler Unsinn. Bei unserem ersten Besuch verfing sich unser Anker im Unterwasser-Stromkabel der Insel. Diesmal hing er wie betoniert zwischen zwei Felsen und hatte nicht die geringste Absicht, sich zu bewegen oder sogar aufnehmen zu lassen. Gut für den Aufenthalt, schlecht für die Abfahrt. Die Sonnenseite der vielen Schatten beim Segeln ist die Hilfsbereitschaft. Unser amerikanischer Freund Dean ankerte in der Nähe und Keith, ein sympathischer Australier, kam mit seinem Dinghi sofort zur Hilfe.
Wir verbanden zwei Dinghis, tauchten und knoteten unter Wasser ein Seil an den Anker. Dann zogen das Ding mit zwei mal 15 PS nach einigen Versuchen raus aus seinem Felsengrab. Wir waren wieder frei und machten uns auf nach Copper Island, damit wir in der folgenden Nacht problemlos von einem Mooringball losmachen konnten. Für uns gab´s keinen Sundowner in der Coppers Island Bar, sondern frühes zu Bett gehen.
Segeln in der Nacht
Ein Wecker um 2.30 h morgens ist immer hart. Um 3.00 h warfen wir die Leinen los. Mit langsamer Fahrt manövrierten wir uns per Kartenplotter und Ka mit Scheinwerfer am Bug durch die enge Ausfahrt in stockdunkler Nacht. Nicht das Untiefen und Felsen schon genügend Spannung bringen, so liegen oft noch Fischerbojen mitten im Fahrwasser, die mehr oder weniger gut sichtbar sind. Verfängt sich eine solche Leine in der Schraube, wird man manövrierunfähig. Ein Albtraum in pechschwarzer Nacht zwischen felsigen Inseln. Nach einer angespannten Stunde erreichten wir tiefe Gewässer und waren frei.
Wir motorten weiter in die stockfinstere Nacht, blind bis auf den Kartenplotter am Steuerstand. Die Nacht war ziemlich wolkig und die Aussicht auf den Sternenhimmel – die eigentliche Belohnung fürs Nachtsegeln – war sparsam. Bei wolkenfreiem Himmel kann man um die 5.000 Sterne im Himmel sehen. Auf dem Atlantik noch viel mehr. In dieser Nacht waren es 10. Aber wir hatten Glück, dass die fetten Wolken ihre Ladungen nicht über uns abwarfen, das bringt nämlich immer noch extra Wind.
Gegen 5.30 h erwachte langsam das erste Tageslicht und um 6.30 h war es hell. Vor uns lag nur Wasser, sehr viel Wasser. Und kein Land in Sicht.
Auf unserem Navigationsplotter konnten wir sehen, dass außer uns noch drei weitere Schiffe auf dem Weg nach St. Martin waren, darunter die Mercan mit unseren Freunden Arzu und Emre. Die Weite des Meeres ist aber so enorm, dass man kaum jemand mit den Augen sehen kann. Von unserem Steuerstand können wir einen Horizont sehen, der ca. 5 nm entfernt ist. Gefühlt sind es 50. Je nach Sicht, sieht man ein anderes Segelschiff aber eher erst ab 3 nm Entfernung.
Erholung in St. Martin
9 nm vor St. Martin tauchten wieder die nervigen Fischerbojen, mitten im Fahrwasser der Ansteuerung auf. Die letzten Meilen ziehen sich immer unglaublich in die Länge. Um 17.00 h hatten wir dann endlich die Marigot Bay erreicht und warfen Anker. Ein Ankerbier später hingen wir dann erst in den Seilen und dann früh im Bett. Welch eine Wohltat, nach viele Stunden auf See alles auszustrecken.
Welcome dinner: Oysters on Rivercafe
Nun sind wir für ca. 1 Monat in St. Martin (SMX) und freuen uns auf viel Besuch. Und gleich nach dem Schiff klar machen, machten wir uns auf den Weg in einen richtigen Supermarkt. Oh wie wohltuend, endlich wieder richtig gute Nahrungsmittel zu finden. Köstlich und gesund. So schön die Virgin Islands sind, die Nahrung ist gruselig oder unverschämt teuer. Willkommen im Schlaraffenland. / Holger Binz
Wetterbericht:
Sonnenaufgang 6:08 h, Sonnenuntergang 18:26 h, Temperatur Tag 29 Grad C, Nacht 23 Grad C, Wind 5-7 Bft, häufig bewölkt, gelegentliche Regenschauer
Gut gemacht, Ihr Nachtsegler.
Eine schöne Zeit (Ostern) in St. Martin.
LG
J&U
Dank Euch, wir haben die Ankunft mit Austern (aus Frankreich) gefeiert. Habt Spaß
Ich hatte die Daumen gedrückt und gehofft, dass Ihr ein gutes Wetterfenster findet. Das hat dank Eurer Umsichtigkeit auch geklappt. Geniesst die Tage in St. Martin und trinkt a Glaserl kühlen Weißwein für uns mit. Wir folgend Euch verlässlich über Euren Blog. Annelies und Christian (heute kühlt der Weißwein am Balkon von selbst – wir haben 15 cm Neuschnee)
Freut uns sehr, dass ihr an uns denkt. Genießt den Wein. Aber was war noch mal „Schnee“?
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Liebe Karin, lieber Holger,
euer Reisebericht ist mal wieder super und wir lieben euern Schreibstil und freuen uns jedes mal etwas Neues von Eurer Reise zu hören. Bei uns dauert es ja noch etwas, wie ihr wisst, aber wir wünschen Euch weiterhin eine gute Reise und alles Gute. Vielleicht kreuzen sich mal unsere Wege.
Liebe Grüße Katrin & Andre (Sonora)
Wie schon vorher gesagt ist euer Schreibstil wirklich erfrischend, selbst die unangenehmen Dinge wie festgehakte Anker etc. lesen sich als ob es auch unbedingt dazu gehört. Nun, eure Geduld hat euch ja einen guten Zeitpunkt zur Abreise beschert und es ist toll zu hören das ihr auch dieses Mal euer Ziel wie geplant erreicht habt. Viel Spaß mit euren Besuchern….
Ich bin seit 3 Tagen mit dem PKW wieder in Richtung Teneriffa unterwegs und Gestern wie Heute durch kleine Schneestürme gefahren…. Schnee ist in den Wolken gefrorenes Wasser welches zu schwer geworden ist um zu schweben…. nur weil du gefragt hast.
Liebe Grüße
Jürgen und Angelika
-in drei Tagen wieder auf Teneriffa-
Wirklich? Per Auto nach Teneriffa? Dagegen ist unsere Reise wie Urlaub 🙂
Habt Spaß