St. Kitts & Nevis: verschmähte Schönheiten
Wenn ich die meist unterschätze und unbekannteste karibische Insel benennen müsste, wäre es Nevis. Gemeinsam mit der größeren Schwester St. Kitts in Sichtweite und nur getrennt durch einen Kanal, bilden die beiden den karibischen Staat „St. Kitts and Nevis“. Heimat von nur 53.000 Menschen, davon knapp 12.000 auf Nevis. Kaum ein Segler verirrt sich hier hin und auch normale Touristen bevorzugen unverständlicher Weise andere Inseln. Dabei sollten K&N ganz weit vorne in den Hitlisten liegen, für uns zählen sie zu den schönsten Inseln der Karibik. Nevis ist unser nächstes Ziel.
Kurz nach Sonnenaufgang machten wir uns von Antigua auf den 53 nm (knappe 100 km) weiten Weg nach Westen, mit Wind von 180 Grad – also von hinten. Es war der windstillste Tag, seit wir in der Karibik sind mit meist unter 10 kn auf offener See. Unsere Anreise begann erfreulich, mit dem Fang einer überaus köstlichen portugiesischen Makrele – unserem Lieblingsfisch. Wir nutzen eine kurze Chance ohne Sargassumgras, das sonst angeln unmöglich macht.
30 nm vor dem Ziel zeigte uns der knapp 1.000 m hohe Nevis Peak, dass die Richtung stimmte. Der Berg liegt in der Mitte der Insel und ist fast immer von Wolken verhüllt. Das sorgt für genügend Regen, für eine fruchtbare und blühende Landschaft.
Zur Clearance gibt nur einen geschützten Ankerplatz auf der Westseite, in Pinneys Beach mit 10 Mooringbällen. Wenn die besetzt sind, kann man im gutem Ankergrund ankern. Pinneys liegt zwischen der „Hauptstadt“ Charleston und dem Four Season Hotel, dass man am Strand, verborgen durch Palmen, nicht einmal sehen kann. Nur 3-4 besuchende Yachten und 1-2 Megayachten teilten mir uns einen großen und schönen Ankerplatz, der ab und zu etwas rollig sein kann. Neben uns schwammen Schildkröten, einige Fischschwärme und wir lagen im Revier des größten und neugierigsten Rochens (mit Babyrochen) den wir bisher gesehen haben.
Rivercafe am Pinneys Beach
Die Westlage schützte uns vor dem stark auffrischenden Ostwind, der uns überzeugte, alles an Deck zu sichern. Interessant ist, dass man vom Wind an Land kaum etwas bemerkt. Vermutlich haben deshalb Touristen und Segler oft eine andere Wahrnehmung vom Luftzug in der Karibik. Erst 200 m entfernt vom Land, wurde es wirklich windig, während die Strandläufer nur eine nette Brise genossen.
Manches in Nevis ist mühsam und gemächlich. Der Check-in kann schon ewig dauern, weil entweder Customs oder Immigration oder Port Authorities nicht da sind, aber man braucht alle drei. So kann die Anmeldung auch mal zwei Tage dauern. Andererseits kann man das Beiboot am Steg der Hauptstadt festmachen ohne es abzuschließen. Nevis ist besonders sicher, die Leute sind sehr freundlich und niemand stresst. Charleston ist klein, aber ganz nett und einer der schöneren karibischen Orte. Auch wenn viel Müll in den Büschen am Straßenrand liegt, wie fast überall in der Karibik. Es gibt einen Markt mit frischen Früchten und Gemüse und auch einen brauchbaren Supermarkt.
Inseltouren
Gleich am Steg warten Fahrer, die tolle Trips über die Insel anbieten. Und das sollte man unbedingt machen, denn es gibt auf Nevis sehr viel mehr als Strand und reichlich Besonderes zu sehen. Nevis war zur Kolonialzeit eine der wichtigsten und wertvollsten Inseln, obwohl sie nur 100 km2 klein ist. Muss ich erwähnen das mal wieder Kolumbus die Insel „entdeckt“ hat? Ich schätze die Arawak Ureinwohner lebten bis dahin vermutlich zufrieden unentdeckt auf ihren Inseln.
Clearance office, „Plaza“ von Charleston
Im Laufe der Zeit wurden auf Plantagen Zucker angebaut und später wurde Nevis zu einem wichtigen Sklavenmarkt. Diese Geschichte hat Nevis beindruckend aufbereitet, mit einer Art open Air Museum, dass über die Geschichte und Lebensumstände der Sklaverei erzählt.
Golden Rock und Nisbet plantation
Nevis Peak und Hot Springs
Wenn man Nevis besucht, muss man unbedingt auf der Inselrunde das „Golden Rock Estate“ und „Nisbet Plantation“ besuchen. Lady Nisbet war die Frau von Lord Nelson und das zeigt, dass hier einiges an Historie geboten wird. Beide ehemaligen Plantagen sind heute liebevoll hergerichtete Boutique Hotels. Großartig. Für nichtsegelnde Besucher gibt’s noch einige Hotels an wunderbaren Stränden, wie das Four Seasons. Wir feierten dort unseren Hochzeitstag mit einem Dinner. Bei der Reservierung wollte man uns ernsthaft 200 USD Gebühr für das Anlegen unseres Dinghis berechnen. Echt witzig. Das Hotel ist fantastisch, das Essen war große Klasse und der Service mit der Beste, den wir in der Karibik gefunden haben. Ein würdiger Ort für unseren Hochzeitstag. Die schönen Hotels sind in der obersten Preislage, aber das ist in der Karibik fast überall so.
Das wars aber noch lange nicht in Nevis. Es gibt viel zu wandern, sehenswerte Orte und wenn der Rücken schmerzt, gibt’s heiße Quellen. Am Strand im Westen gibt es coole Strandbars und der sanft abfallende Strand erlaubt entspanntes Schwimmen.
Ihr merkt vermutlich, dass Nevis es uns angetan hat. Wir fühlen uns hier einfach wohl und die Atmosphäre empfinden wir sehr wohltuend.
Nicht unterschlagen wollen wir noch St. Kitts. Wir haben auf dieser Reise leider keine Zeit für die größere Insel, aber die ist auch eher im Griff der Kreuzfahrttouristen, die täglich mit 2-4 Schiffen die Insel überschwemmen. St. Kitts ist auch eine richtig schöne Insel, aber mit einer ganz anderen Atmosphäre. Wenn wir uns wie bei diesem Mal für eine entscheiden müssen, ist unser Favorit eindeutig Nevis.
Es gab übrigens allen Ernstes 1998 ein Referendum zur Unabhängigkeit von Nevis. Vermutlich wollte Nevis der Vatikanstadt den Rang als kleineste Nation der Welt abspenstig machen. Das Referendum wurde abgelehnt. Für uns ist das kleine Nevis aber ganz sicher ganz weit oben in unserer karibischen Hitliste. / Holger Binz
Hört sich recht gut an, Euer Urteil über die Insel Nevis. Wir haben gerade eine ähnlich kleine Insel gebucht: Elba.
Alles Liebe aus der recht nassen Eifel (hier rechnet es seit Monaten, zwar gut für die Natur nach dem trockenen Sommer)
Jürgen und Ulli