Nie wieder Point à Pitre
Guadeloupe und die südlichen dazugehörigen Inseln waren für uns schon immer klebrig. Mal hingen wir hier fest, weil Material nicht geliefert oder nicht bestellt wurde, mal wegen Covid. Und jetzt liegen wir in „Les Saintes“ weil wir nicht, wie Monate vorab ausgemacht, in den Hafen Bas-de-Fort einlaufen dürfen. Dazu später mehr.
Auf den kleinen südlichen Inseln „der Heiligen“ herrscht reges Treiben. Ab und zu ankern kleine Kreuzfahrtschiffe oder ansehnliche 5-Master in der Bucht. Segler belegen jeden Mooringball, denn ankern ist weitgehend verboten. Trotzdem bleibt alles überschaubar, ruhig und unaufgeregt. Es sei denn ein Chartersegler will wieder mal in der Ankerverbotszone seinen Anker in das allseits bekannte Wrack werfen. Oder Chartersegler die ihr Schiff nicht beherrschen, rammen und oder andere rammen um Haaresbreite. Les Saintes Guadeloupe
Route du Rhum 40s, Royal Clipper, ein normaler Morgenhimmel
Die Menschen von der größten Insel von Les Saintes, Terre-de-Haut, leben in einer Dorf-Gemeinschaft. Jeder kennt jeden Jeden, kein Wunder bei 1.800 Einwohnern. Da gibt es Helène, vermutlich die älteste Frau des Dorfes. Sie wohnt in einem kleinen Haus gleich am Dinghy-Dock und ist, soweit wir es bisher beobachten können, nie wirklich allein. Mal steht sie mit Nachbarn vor der Haustür, mal sitzt sie mit ihrem Neffen auf dem Balkon. In der Bäckerei lassen ihr alle höflich den Vortritt.
Die meisten leben vom Tourismus. Elektrobikes und Golfcars werden vermietet, es gibt einige leckere Restaurants, nette Bars und natürlich auch Shops mit T-Shirts und Flipp-Flopps.
Dorfimpressionen
Bei Alessandra (Citron) schmecken die Cocktails hervorragend und ihre Accras sind unübertroffen. Im „Pied dans L’eau“ sind es die Tappas, die den Gaumen erfreuen und im „Cafe de la Marine“ lohnt sich der Fisch des Tages. Nach ein paar Wochen hat man ziemlich alles einmal durch. Schlecht gegessen haben wir nur ein einziges Mal: an einer Foodtruck Bude an der Hauptstraße. Les Saintes Guadeloupe
Alessandra`s sensationelle Accras
Weihnachtsstimmung hingegen, gibt es gar keine. Kein Weihnachtsschmuck, nicht mal ein Weihnachtsbaum (bis zum 3. Advent). Und leider gibt es „Chante Nwel“ (Noel auf Kreolisch), das soll Weihnachtssingen sein. Gut gemeint, stets bemüht, aber tatsächlich ein grauenhafter Gesang. Christkind oder Weihnachtsmann haben sicher Angst vor dieser Insel und machen einen weiten Bogen. Wer Weihnachtsstimmung mag, sollte zu einer anderen Zeit kommen. Les Saintes Guadeloupe
Chante Nwel
Nie wieder Marina Guadeloupe Bas-du-Fort
Warum wir wieder länger in Les Saintes liegen, hat einen unerfreulichen Grund. Eine kurze Mail warf all unsere Pläne über den Haufen. Diese Mail kam von der Marina Guadeloupe, Bas-du-Fort – vom Dockmaster. Vor fünf Monaten hatte ich für zwei Wochen einen Liegeplatz gebucht. Der Platz wurde bestätigt und wir buchten Flüge, weil Ka zum Weihnachtsbesuch nach Europa fliegen wollte.
Ich wollte die Zeit nutzen noch ein paar Arbeiten an Bord zu erledigen, die sich nicht vor Anker erledigen ließen. Ich buchte reichlich Termine mit Handwerkern und hatte eine Liste für 10 Arbeitstage an Land. Auf dem Weg fielen zwei Bilgepumpen aus, aber ich hatte ja Guadeloupe gebucht und da wohnt der allerbeste Elektriker der Karibik, Stéphane. Ich mietete ein Auto, um meine umfangreiche Liste rund um die Insel abzuarbeiten. Und vor dem Trip nach Norden, wollten wir ausgiebig proviantieren. Alles war bestens geplant. Les Saintes Guadeloupe
Dann kam diese Mail der unfähigsten Marina der Welt. Es würde ein Film über Florence Arthaud gedreht, erklärte man mir erfreut. Das mag zwar eine französische Segelheldin sein, aber die Begeisterung sprang nicht auf uns über. Das sei alles ziemlich kurzfristig gekommen, log man mich dreist an. 14 Drehtage spontan zu planen ist so unmöglich wie mal nächste Woche zum Mond zu fliegen. Les Saintes Guadeloupe
Das wir Flüge gebucht, ein technisches Problem an Bord und noch viele gute Gründe mehr für die Notwenigkeit eines Liegeplatzes hätten, war den Amateuren der Marina schnurzegal. Sie boten nicht die geringste Hilfe an. Ich könne ja einen Mooringball in der dreckigen, ungesicherten Bucht vor der Marina suchen. Nur kommt zu einem Mooringball kein Handwerker und ich würde das Schiff sicher nicht in Point à Pitre, einem der unsicheren Orte der Karibik, zurücklassen.
Karibischer Schneemann und wir
Es gibt in Guadeloupe nur noch zwei weitere kleine Marinas und beide hatte so kurzfristig auch keine Lösung. Hätte ich die Bas-du-Fort nicht zufällig 4 Tage vor unserer Ankunft angemailt, wüssten wir sicher nichts von dem Storno. Meine Wut war grenzenlos. Wenn uns diese Gaukler vor Monaten informiert hätten als die Filmproduktion vereinbart wurde, hätten wir alles umplanen können. Die Arbeiten und Proviant in Martinique geregelt und Ka wäre von Antigua geflogen.
So kontaktierte ich alle Contractor und sagte das Gebuchte und Bestellte ab. Die Reaktion der Handwerker und anderer Segler war eindeutig. Die Leute der Marina seien halt „sehr sparsam mit der Wahrheit“. „Unprofessionell“, „unzuverlässig“ und noch ein paar Schimpfworte hinterher. Mir war nicht bewusst, welch schlechten Ruf die Marina Bas-du-Fort genießt. Wohl verdient.
Also Plan B. Ich blieb am Mooringball in Les Saintes, immerhin hatten wir einen. Gut, dass wir gar nicht erst los gemacht hatten. Natürlich teilte ich diese Geschichte mit anderen Seglern. Jean-Luc hatte auch einen Liegeplatz in der Marina reserviert und vertrauensvoll Flüge nach Frankreich gebucht. Einen Monat wollte er weg sein. Verstört durch unsere Erfahrung fragte er in Bas-du-Fort nach und erfuhr, dass auch sein Platz weg sei.
Für Ka ist der Hin- und Rückweg zum Flughafen mühsam. Sie nimmt die Fähre aufs Festland und dann ein Taxi zum Flughafen. Auf dem Rückweg muss sie noch eine Nacht im Hotel verbringen, weil das Flugzeug zu spät landet, um nach einer einstündigen Autofahrt zum Fährhafen noch das letzte Schiff zu erwischen.
Nun wissen wir zumindest, welche karibische Marina die inkompetenteste und asozialste ist, denn Bas-du-Forst ist es völlig egal, dass sie ihren Kunden ernste Probleme bereiten. Nun ja, wir werden ganz sicher nie wieder bei diesen Anfängern eine Reservierung anfragen. Wir werden einfach nie wieder dorthin segeln, es gibt ja viele zuverlässige Orte.
Sobald Ka wieder zurück ist, machen wir los uns segeln nach Antigua, unserem Weihnachtsziel. /Holger Binz